Nachtkritik: "Schlag den Raab":Siegessicher wie Hillary

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Wenn es um 2,5 Millionen Euro geht, ist alles möglich: Der Luxus-Spaß Jet-Ski wird zum Albtraum und Stefan Raab schlägt aus Wut Scheiben zu Bruch.

Irene Helmes

Bei "Schlag den Raab" bewerben sich Kandidaten, die weniger ambitionierten Zeitgenossen hilfloses Staunen abnötigen: Sie beherrschen fünf bis zehn Sportarten auf Meisterschaftsniveau, sind nebenbei als Anwalt oder Hochschul-Dozentin erfolgreich, halten ihre hübschen kleinen Kinder in die Kamera und verbringen sogar die Mittagspausen damit, ihren Körper zu stählen.

"Schlag den Raab"-Kandidat Obufemi freut sich über seinen Sieg. (Foto: Foto: dpa)

Die vier Männer und eine Frau, die zu "Schlag den Raab" kommen, um 2,5 Millionen Euro zu erspielen, treten so siegessicher und alleskönnerisch auf, dass Stefan Raab zu Beginn der Show erst einmal gehörig zu schrumpfen scheint. "Ungefähr so siegessicher wie Hillary Clinton", spöttelt Moderator Matthias Opdenhövel. Das Publikum entschließt sich, Obufemi, genannt Femi, gegen Raab ins Rennen zu schicken - einen 1,90-großen Marketing-Manager und Athleten aus Hamburg, mittlerweile für einen schicken Job beim Fußballklub 1860 nach München gezogen.

Ein spannendes Duell kündigt sich an. Zwei Monate lang wird die Sendung dauern, heißt es: Wenn der Kampf irgendwann in der Nacht endet, wird es Zeit sein, den Kalender auf Juni zu blättern.

"Lauf, Forrest, lauf!"

Doch fünf Spiele später scheinen die Erwartungen vom Beginn enttäuscht. Aufgetrumpft hat nur Raab. Sein Kandidat ist dabei, sang- und klanglos zu scheitern. Ob es darum geht, einen Bierkrug über eine Theke zu schubsen, Fernsehsender zu erraten oder zu würfeln - der Moderator gewinnt. Und zur schlimmsten Blamage für den durchtrainierten Herausforderer werden ausgerechnet die sportlichen Aufgaben.

In Spiel Nummer drei müssen die Konkurrenten auf einer großen runden Scheibe so laufen, dass diese sich schnellstmöglich dreht. Raab trippelt ungelenk los und ist hinterher völlig außer Puste. Opdenhövel findet, "das sah ein bisschen aus wie 'Lauf, Forrest, lauf!' ". Doch dann kommt der Kandidat, stolpert kreuz und quer auf der Stelle und muss sich die Vermutung gefallen lassen: "Er war nie auf dem Kinderspielplatz". Punkt und Sieg für Raab.

Vom Spielplatz geht es kurz darauf zum Luxus-Spaß Jet-Ski. Die Zeit drängt, die Konkurrenten werden an den Rhein geflogen. Moderator Opdenhövel und die beiden Konkurrenten sprinten zum Helikopter, Abenteuer liegt in der Luft, Schwung könnte in die bisher etwas lahme Sendung kommen - doch anstatt in die nächste Werbepause zu blenden, zeigt die Kamera minutenlang, wie sich die Insassen in den Gurten verheddern. Skurril - und ein böses Omen für Kandidat Femi, der im folgenden Rennen immer wieder vom Boot fällt und sich pitschnass durch die Runden quält, während Raab gewohnt hemmungslos aufs Gas tritt und als "Evel Knievel des Rheins" zum Etappensieg schlittert.

Beim Dosenschießen mit der Steinschleuder kann Femi in Runde sechs knapp seine ersten Punkte holen. Doch Raab, letztlich ungeschlagen seit vier Folgen, hängt ihn sogar beim Rudern über 300 Meter ab und gewinnt das Geschicklichkeitsspiel "Kugelbahn". Beim Bilderraten "Wer ist das?" werden Raab jedoch seine eigenen ehemaligen Show-Gäste zum Verhängnis - Model Gisele Bündchen ist nicht Sängerin Fergie.

Langsam zeichnet sich ab, dass das Spiel doch noch nicht entschieden ist. Raab muss sich beim Badminton die Bälle um die Ohren schießen lassen. Er räumt zwar locker beim "TV Total"-Klassiker "Blamieren oder kassieren" ab. Doch in einem durchsichtigen Schacht nach oben zu klettern ist seine Sache nicht.

Das Blatt wendet sich - denn die Regeln des Spiels führen dazu, dass jeder Sieg mehr Punkte mehr wert ist als der vorangegangene. Der glatte Start nutzt Raab also immer weniger. Beim nächsten Ratespiel in Runde 13 gerät er über eine falsche Antwort so außer sich, dass er die Scheibe seines Monitors zu Bruch schlägt und sich die Hand verletzt. Die Punkte gehen an seinen Herausforderer, der Ruhe bewahrt und wieder Hoffnung zu fassen scheint.

Noch einmal Spielplatz, noch einmal die fast unglaubliche Diskrepanz zwischen dem, was auf dem Spiel steht (2,5 Millionen Euro) und der Art, wie dieses Vermögen erspielt werden soll. Zwei Männer mühen sich ab, einen Haufen roter Plastik-Äffchen ineinanderzuhaken, und dabei nur den obersten in der Kette zu berühren. Eine absurde Situation, doch essentiell für den Charme von Raabs Konzept. Die "Affenkette" ist "Matchball-Spiel" - doch Raab gewinnt und nun muss die Entscheidung im klassischen Elfmeterschießen fallen.

Sie fällt - zugunsten des Herausforderers. Als der letzte Ball an Raab vorbei ins Netz fliegt, wechselt ein Vermögen den Besitzer. Der Herausforderer, den das Publikum fast vier Stunden zuvor in den Wettbewerb geschickt hat, strahlt wieder. Und der geschlagene Favorit Raab nimmt die Niederlage mit einem Lächeln. Vielleicht fällt ihm gerade die Sache mit Hillary wieder ein.

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