Musikalische Lesung:Die heilende Wirkung des Kakapos

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Adele Neuhauser liest Texte von Douglas Adams über bedrohte Arten, die Musiker des Jazz-Trios "Edi Nulz" sorgen für die klangvolle Untermalung. Julian Adam Pajzs, der Gitarrist der Band (2.v.li.), ist Neuhausers Sohn. (Foto: Ingo Pertramer)

Adele Neuhauser musste immer wieder heftige Schicksalsschläge verkraften. Große Freude bereiten der Schauspielerin Auftritte mit ihrem Sohn: Gemeinsam bringen sie Douglas Adams' "Die letzten ihrer Art" auf die Bühne

Interview von Bernhard Blöchl

Die Mischung ist mindestens kurios: Adele Neuhauser, bekannt als Bibi Fellner aus dem österreichischen "Tatort", liest Passagen aus den Reisereportagen von Douglas Adams, dazu gibt es den Kammer-Punk-Jazz des Trios Edi Nulz, das auf der Bühne auch für die Tiergeräusche verantwortlich ist. Denn darum geht es in dem Programm "Die letzten ihrer Art": um eine künstlerische Expedition zu bedrohten Tierarten. Seit drei Jahren gibt es das Familienprojekt bereits, an diesem Samstag ist es erstmals in München zu erleben.

SZ: Frau Neuhauser, wie fanden der schräge Jazz von Edi Nulz und die skurrilen Reiseberichte von Douglas Adams zusammen?

Adele Neuhauser: Es war so, dass ich mir schon lange gewünscht habe, einmal etwas mit meinem Sohn zu machen. Mein Sohn ist ja der Gitarrist der Band. Irgendwann hat er mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit seiner Band aufzutreten. Natürlich hatte ich Lust! Seine Idee war zunächst - weil ich viele Jahre den Mephisto am Theater gespielt habe -, ob wir nicht etwas in Richtung Faust machen. Darauf sagte ich: Julian, ehrlich, nein. Das Thema ist für mich durch. Eine Woche später kam er mit Douglas Adams daher. Er war sofort Feuer und Flamme, und auch ich liebe Douglas Adams, besonders dieses Buch "Die letzten ihrer Art".

Was fasziniert Sie so an dem Buch?

Es ist so ein humorvoller, wunderbarer Reisebericht. Er schaut mit so einer liebevollen Art auf die Dinge. Es bindet sich insofern fantastisch mit der Musik, weil es für die Jungs sehr viele Möglichkeiten gibt, in die Handlung einzugreifen. Und sie nutzen die Gelegenheit großartig. Es ist fast ein filmischer Abend geworden. Sehr amüsant und leicht und überraschend. Die ganzen Tiere, die da vorkommen, werden teilweise von den Jungs übernommen. Es ist wirklich bezaubernd.

Die Episoden reichen vom Aye-Aye auf Madagaskar über den indonesischen Komododrachen bis hin zur Rosataube auf Mauritius. Was ist Ihr Lieblingstier aus den Berichten?

Ich liebe den Kakapo, das ist wirklich ein bezauberndes Tier. Ich kannte diesen flugunfähigen Papagei nicht, bevor ich das Buch gelesen hatte. Der Kakapo ist ausgesprochen bezaubernd. Wie Douglas Adams darüber schreibt, sowieso. Er ist so liebevoll und kritisiert nicht. Er beobachtet einfach nur und stellt das dann so raffiniert vor, dass man selbst die Kritik üben kann. Das macht ihn so einnehmend.

Douglas Adams war großartig, keine Frage. Wann haben Sie ihn für sich entdeckt?

Schon weit vor diesem Projekt. Ich habe natürlich "Per Anhalter durch die Galaxis" gelesen.

Wussten Sie, dass Douglas Adams die zündende Idee dazu in Ihrem Heimatland gehabt haben soll?

Ja, auf einer Wiese liegend. Davon hab ich bei einem Auftritt in Innsbruck erfahren.

Von dem Autor ist das wunderbare Zitat überliefert: "Die Idee für den Titel kam mir, als ich im Jahr 1971 betrunken auf einem Feld in Innsbruck lag. Nicht richtig betrunken, gerade die Art von betrunken, wenn Sie ein paar steife Gösser trinken, nachdem Sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen nichts gegessen haben." In gewisser Weise haben wir also seine Weltkarriere Österreich zu verdanken.

Genau, da kann sich Österreich wieder ein bisschen rühmen mit Berühmtheiten.

Viele Karrieren beginnen mit Initialzündungen. Hatten Sie auch so magische Momente?

Ja, das kann man sagen. Ich hatte immer schon den Wunsch, zu spielen und in andere Charaktere hineinzuschlüpfen. Meine Großeltern haben damals im Waldviertel gelebt, das ja voller Mythen und Märchen ist. Da treiben sich nach wie vor seltsame Wesen herum, im Ernst jetzt. Ich war damals sehr inspiriert von dieser Stimmung da. Und meine Großmutter, die auch Malerin war, aber nicht mehr gemalt hat, seit mein Großvater das Malen übernommen hat in meiner Familie, hat dann auch für die Wiener Werkstätten gearbeitet. Da hat sie unter anderem Kasperlfiguren angefertigt. Mit diesen Figuren hab ich gespielt, das war für mich die Initialzündung. Da wusste ich: Es ist Theater, es ist diese Vielfalt der Charaktere, die ich erleben darf. Mit sechs Jahren habe ich gewusst, dass das so sein muss für mich.

Ihr Leben war nicht nur von schönen Entwicklungen, sondern auch von heftigen Schicksalsschlägen geprägt. In den vergangenen zwei Jahren starben Ihr Vater, Ihre Mutter und Ihr Bruder. Was bringt Ihnen mehr Seelenfrieden: das Wandern und Reisen, das Sie so lieben, oder heitere Auftritte wie dieser hier?

Dieser Abend, in dieser Konstellation, ist für mich der schönste energetische Input, den ich mir nur wünschen kann. Das ist für mich eine Herausforderung, ich darf mich da jetzt nicht einfach so locker hineinwerfen, ich muss schon konzentriert sein. Aber es ist für mich ein absolutes Seelenprogramm. Durch die Leichtigkeit der Geschichte, den liebevollen Blick von Douglas Adams und durch die Jungs - was kann es Schöneres geben, als mit dem eigenen Sohn auf der Bühne zu stehen.

Julian Adam Pajzs, Ihr Sohn, ist in Polling im Landkreis Weilheim-Schongau geboren und aufgewachsen. Bis 2005 haben Sie hier gelebt. Was verbindet Sie noch mit Bayern?

Ich liebe Bayern! Ich denke mit großer Freude immer wieder an Bayern zurück. Ich habe hier wunderschöne Zeiten verlebt. Deswegen freue ich mich, dass wir endlich nach München kommen. Bayern wird immer einen großen Anteil in meinem Leben haben. Die Landschaft, die Leute, ich habe nur gute Zeiten gehabt.

Die Weilheimer Ecke ist künstlerisch sehr interessant, auch aus musikalischer Sicht. Haben Sie und Ihr Sohn sich von der Szene um The Notwist beeinflussen lassen?

Aber natürlich. Das hat sicherlich auch Julian beeinflusst, da bin ich mir ganz sicher. Das ist eine ganz andere Stimmung da. Johannes Enders lebt ja auch da. Es sind sehr spannende Leute in der Weilheimer Region unterwegs.

Gibt es denn nie Streit? So eine professionelle Mutter-Kind-Konstellation ist nicht immer einfach, könnte man meinen.

Null! Das war ganz interessant: Es bietet sich ja an, dass wir mal was machen miteinander. Jetzt hatte eben Julian die Idee dazu. Wir haben uns ergänzt, alle vier, auf wunderbare Art und Weise. Wir üben auch Kritik ganz offen und gerade. Es ist ein rein professioneller Umgang, der mit großem Respekt füreinander passiert. Diese Art und Weise, zu arbeiten, ist wirklich großartig. Das ist manchmal mit Nicht-Verwandten schwieriger als in dieser Konstellation.

Sie sind mit dem Programm, mit Unterbrechungen freilich, bereits seit 2014 auf Tour. Können Sie sich vorstellen, das Projekt fortzusetzen?

Wir sind schon dabei, Neues zu kreieren. Es geht ja immer auch darum, dass die Band einen schönen Anteil hat in den Textpassagen. Ich mag Lesungen nicht sonderlich, bei denen sich Musik und Text abwechseln. Ich mag gerne, wenn die Band auch eingreift in einen Text. Danach suchen wir die Texte aus. Wenn alles klappt und wir die Zeit finden, geht es damit schon dieses Jahr los. Sonst auf jeden Fall Anfang nächsten Jahres.

Die letzten ihrer Art , musikalische Lesung mit Adele Neuhauser und Edi Nulz, Sa., 21. Jan., 20 Uhr, Nachtkantine

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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