Musical:Singen statt Schnurren

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"Cats" lehrt: Wer erfolgreich sein will, muss dann und wann seine Krallen ausfahren. (Foto: Alessandro Pinn)

"Cats" kehrt zurück ins Deutsche Theater

Von Oliver Hochkeppel, München

Ob Katzen wirklich sieben Leben haben, sei dahingestellt. "Cats" hat sie definitiv: Kein anderes Musical zuvor wurde im Londoner West End länger am Stück gespielt (nämlich 21 Jahre lang), wenige wurden weltweit so oft auf- und wiederaufgeführt, und kaum eines hat so viele Besucher (geschätzt bislang 73 Millionen) in die Theater gelockt. Es sind sicher nicht nur Katzenfreunde, die die Geschichte drollig finden: Beim alljährlichen Ball im magischen Mondlicht wetteifern die schillernden Charaktere des Jellicle Katzen-Clans um das Geschenk eines zweiten Lebens. Darunter der Zaubererkater Mister Mistoffelees etwa, der (einzige) böse Kater Macavity, die rein-weiße wunderschöne Victoria oder die alte, verstoßene Katzen-Diva Grizabella.

Viele wissen heute angesichts der übermächtigen Präsenz des Musicals gar nicht mehr, dass die Vorlage eigentlich ein Literatur-Klassiker ist. Das Ganze basiert nämlich auf dem im angelsächsischen Raum kultisch verehrten, 1939 erschienenen Buch "Old Possum's Book of Practical Cats" des 1965 gestorbenen Lyrikers, Dramatikers, Kritikers und Literaturnobelpreisträgers T.S. Eliot. Es ist ein für Kinder geschriebener Gedicht-Zyklus. 1977 begann Andrew Lloyd Webber, einige Gedichte zu vertonen. Seine Absicht war ursprünglich, daraus eine musikalische Katzen-Anthologie fürs Fernsehen zu machen. Um zu testen, wie das ankommt, führte er einige Stücke beim Sydmonton-Festival 1980 auf - wo sie die Witwe des Autors hörte. Sie brachte Webber daraufhin einige unveröffentlichte Texte, den dies wiederum auf die Idee brachte, sie in einer Rahmenhandlung zusammenzufassen - fertig war der Musical-Kern.

Für das Script wie die Bühnenumsetzung wandte sich Webber an den Leiter der Royal Shakespeare Company Trevor Nunn. Der baute in die Geschichte viele Anspielungen auf das Theater und Showbiz ein, zog den berühmten Bühnenbildner John Napier hinzu und stellte ein herausragendes Ensemble, unter anderem mit Brian Blessed, Elaine Paige und Sarah Brightman zusammen. Am 11. Mai 1981 fand die Uraufführung im New London Theatre statt, schon im Jahr darauf hatte die Broadway-Fassung im New Yorker Wintergarden Theatre Premiere, die wiederum ein Jahr später sieben Tony Awards gewann.

Entscheidenden Anteil am Erfolg hat aber natürlich die Musik von Andrew Lloyd Webber. Insbesondere "Memory" wurde ein Welthit - der einzige Song, der nicht aus Eliots Sammlung stammt, sondern von Nunn, inspiriert durch viel ältere Eliot-Werke, selbst geschrieben ist. Denn Nunn fiel während der Proben das Fehlen eines emotionalen Höhepunkts auf. Später sang ihn sogar eine gewisse Barbra Streisand. Nach dem bislang letzten Tournee-Stop der deutschen Fassung vor elf Jahren kehrt "Cats" nun auf die Bühne des Deutschen Theaters zurück - in der fast dreistündigen englischen Fassung, zugleich die von David Ian und Michael Watt verantwortete Erfolgsproduktion vom Londoner West End, die 2015 als "Bestes Musical Revival" für den Laurence Olivier Award nominiert war.

Cats , bis Sonntag, 6. August, Deutsches Theater, Schwanthalerstraße 13

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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