Münchner Kammerorchester:Werke für die Weltoffenheit

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Clemens Schuldt dirigiert erstmals das Münchner Aids-Konzert. Der Benefizabend geht an diesem Donnerstag im Prinzregententheater über die Bühne

Von Jana-Maria Mayer

Wissen über klassische Musik in die breite Masse zu tragen, das ist eine Unternehmung, die scheinbar immer weniger Menschen gelingt. Während es einst zum guten Ton gehörte, etwa zu wissen, wie viele Sätze eine Beethoven-Sinfonie hat, dient heute, zumindest in der jüngeren Generation, ein ähnlicher Kenntnisstand eher als Ausdruck einer starken kulturellen Spezifik. Das Münchener Kammerorchester steuert gegen diesen Trend. Für seine Programme, in denen neue, zeitgenössische Kompositionen mit Werken des klassischen Repertoires vereint werden, erntet das Orchester weltweit Anerkennung.

Seit knapp zwei Jahren ist mit dem 35-jährigen Clemens Schuldt dazu ein vergleichsweise junger Musiker Chefdirigent des Orchesters - in diesem Jahr übernimmt der gebürtige Bremer nun auch zum ersten Mal die Leitung des Aids-Konzertes, das als Benefiz- Gala eine Relevanz in der Münchner Gesellschaft hat, die über den reinen Konzertgenuss hinaus geht. Von Schuldts Vorgänger Alexander Liebreich im Juni 2007 initiiert, ist das Aids-Konzert inzwischen zu einer städtischen Tradition geworden. Einmal im Jahr musiziert das Orchester gemeinsam mit renommierten Gastsolisten im Dienst der Wohltätigkeit. Bei der Auswahl der Stücke hielt man sich dabei bisher an ein traditionelleres und zugänglicheres Programm, als es bei anderen Konzertreihen wie etwa der "Nachtmusik der Moderne" oder dem "MKO Songbook" der Fall ist. Dennoch bietet auch das Aids-Konzert in diesem Jahr eine bunte Mischung aus schwereren und eher unterhaltenden Stücken.

Zukunftsorientiert: Das klassische Repertoire vereint das Münchener Kammerorchester mit zeitgenössischen Kompositionen. (Foto: Sammy Hart)

Den Auftakt macht der französische Bratschist Antoine Tamestit mit dem vergnüglichen "Potpourri (Fantasie) op. 94" von Johann Nepomuk Hummel. Der ukrainische Violonist Valeriy Sokolov spielt das berühmte "Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-Moll op. 26" von Max Bruch. Nach einer Pause ist statt der erkrankten Anna Lucia Richter die amerikanische Sopranistin Robin Johannsen in Wolfgang Amadeus Mozarts "Exsultate, jubilate, KV 165" zu hören, und schließlich spielt der Pianist Gerhard Oppitz das "Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 op. 73" von Ludwig van Beethoven. Auch das Programm künftiger Aids-Konzerte wolle er auflockern, sagt Clemens Schuldt, dessen Vertrag kürzlich verlängert wurde. Gerne will er auch hier Stücke von zeitgenössischen Komponisten integrieren. Schuldt ist kein Welterneuerer mit der Brechstange, vielmehr setzt er mit einer geradezu spielerischen Freude am eigenen Tun sein Vorhaben durch, klassische Musik ohne den Einsatz ideologischer Scheuklappen weiterzuentwickeln. Auch bei den Proben mit dem Münchener Kammerorchester versuche er, zu vermeiden, bloß starre, technische Anweisungen zu geben, sagt Schuldt. Bei einer Schumann-Probe habe das Spiel beispielsweise erst funktioniert, als er vorgab, das Stück wie einen Geistertanz in der Nacht zu spielen.

In diesem Jahr geht der Erlös wieder an die Münchner Aids-Hilfe, die der Dirigent kürzlich besucht hat. Die Heilung der Krankheit zu unterstützen, ist Schuldt dabei zu wenig. Vielmehr wolle man betonen, wie wichtig es sei, Menschen, die durch die Krankheit in Not oder ins gesellschaftliche Abseits geraten sind, zu unterstützen. Das jährliche Konzert ist für den Chefdirigenten kein bloßes Spendensammeln, sondern auch ein gesellschaftspolitisches Statement für Weltoffenheit.

Seit knapp zwei Jahren ist der Bremer Clemens Schuldt Chefdirigent des Orchesters. (Foto: Sammy Hart)

12. Münchner Aids-Konzert, Donnerstag, 12. April, 20 Uhr, Prinzregententheater.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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