Little Britain:Promi-Chaos

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In London heißt es "Rihanna is in the house". (Foto: dpa)

In einer Bar in London dreht sich alles um Rihanna - und um das Schnauben von Weltmännern und Weltfrauen, allen voran der stets erstaunliche G. Und dabei wollte man doch nur Bier holen.

Von Christian Zaschke, London

Die Barfrau schaute mich an, wandte dann den Blick zu der Frau links neben mir, warf die Arme in die Luft und rief: "Rihanna is in the house!" Ich tat so, als sei nichts, was eine meiner Stärken ist. Ich kann derart überzeugend so tun, als sei nichts, dass Leute in meiner Nähe manchmal tatsächlich glauben, es sei nichts, obwohl sie wissen, dass was ist. Ich verhielt mich überdies wie ein Mann, der zu alt ist, um zu wissen, wer oder was Rihanna ist. Oder dem es gerade entfallen ist. Wie ein Mann, der an diesem nasskalten Maitag, über dem ein Betonhimmel hing, einfach nur zwei leckere Biere bestellen will, um mit dem stets erstaunlichen G. in großer Ruhe ein Feierabendglas zu trinken.

Ich hatte G. in der Nähe des Picadilly Circus getroffen, wo er gerade einen Koffer für seine Ehefrau kaufte. "Wo geht's hin", fragte ich. "New York", sagte G. - "Wann fahrt ihr?" - "Sie fährt. Ich bleibe hier." - "Warum das denn?" G. schnaubte das Schnauben eines Weltmanns, der gefragt worden ist, warum er nicht mit nach Gladbeck fährt. Er sagte: "Ich setze mich doch nicht neun Stunden lang ins Flugzeug, um von einer Großstadt in eine andere zu fliegen." Durch den Niesel spazierten wir rüber zum "The King's Head", Albemarle Street Ecke Stafford Street. G. wartete draußen und rauchte, ich ging rein und holte Bier.

Das Schnauben der Weltfrau

Nachdem ich lange genug so getan hatte, als sei nichts, begann ich, in kaum wahrnehmbarer Allmählichkeit, meinen Kopf nach links zu drehen. Einen Zentimeter. Innehalten. Noch einen Zentimeter. Innehalten. Mein Blick schlich sich so unmerklich an wie Old Shatterhand an das Tipi eines uralten Häuptlings der Kiowa. Im Verlauf dieser unendlich langsamen Drehung bestellte ich nebenbei zwei Bier. Schließlich war ich, nachdem ich meine Pupillen bis zum Anschlag nach links geschoben hatte, kurz davor, einen ungefähren Blick auf Rihanna werfen zu können.

"Was gibt's zu glotzen?", fragte Rihanna. Ich ließ meine Pupillen zurückschnellen und tat so, als sei nichts. Überhaupt nichts. Drei Sekunden lang, vier Sekunden. "Ich hab gefragt, was es zu glotzen gibt", sagte Rihanna. Fünf Sekunden, sechs Sekunden. Dann schaute ich sie direkt an und sah, dass es sich bei Rihanna um eine rund 45 Jahre alte Geschäftsfrau handelte, die ein Glas Whisky in der Hand hielt. "Sorry", sagte ich, "war 'ne Verwechslung." Rihanna schnaubte das Schnauben einer Weltfrau.

Ich nahm die Biere und ging raus zu G.. Er wartete rauchend unter der Markise und brummte: "Hat ja gedauert." Ich sagte: "Rihanna is in the house." G. schaute wie ein Mann, der zu alt ist, um zu wissen, wer oder was Rihanna ist.

© SZ vom 18.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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