Literatur:Turbo-Resi

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Salzburg, Sitz des Residenz Verlags in der Vergangenheit und nun auch wieder in der Zukunft. (Foto: Martin Schalk/Getty Images)

Daniell Porsche übernimmt den österreichischen Residenz-Verlag. Das Modell ist gerade in Mode: Im großen Stil geben private Player in Österreich traditionell staatlich subventionierten Verlagen Starthilfe.

Von Christopher Schmidt

In Salzburg, der Stadt, mit der man heute eher den Energydrink Red Bull verbindet, hatte einst der Residenz-Verlag seinen Sitz. Der 1956 gegründete Verlag, in dem Bücher wie Peter Handkes "Wunschloses Unglück" oder die autobiografischen Erzählungen von Thomas Bernhard erschienen, war einmal eine feste Adresse für junge Literatur aus Österreich. Dann wurde er ziemlich herumgeschubst von der Globalisierung und schließlich nach wechselvollen Jahren, in denen er eine Weile zur Stuttgarter Klett-Gruppe gehörte, an das Niederösterreichische Pressehaus in St. Pölten verramscht. Passenderweise ist St. Pölten kein Ort, wo man gerne bleibt, sondern eine Pendlerstation. Denn nun holt Daniell Porsche den Verlag zurück nach Salzburg; er hat ihn sich einfach gekauft.

Der 1973 geborene Urenkel des Porsche-Gründers Ferdinand ist bekennender Anthroposoph, gelernter Waldorf-Pädagoge und Musiktherapeut. Er hat die Rudolf-Steiner-Schule in Stuttgart besucht und sein Vermögen unter anderem in eine "Bildungsstätte für seelenpflege-bedürftige Kinder und Jugendliche" gesteckt sowie in verschiedene kulturelle Initiativen. Außerdem hat er mehrere Bücher veröffentlicht, unter anderem den Lyrikband "Der Zitronenfalter" und eine Autobiografie. Als Verleger verspricht Porsche, dessen Wort einiges Gewicht hat in der Porsche-Piëch-Dynastie, dem Neuzugang in seinem handgewirkten Portfolio Nachhaltigkeit und artgerechte Haltung. Ins Programm will er sich nicht einmischen, sein Engagement versteht er - ähnlich wie der Amazon-Boss Jeff Bezos, der sich die Washington Post zum Geschenk gemacht hat - durchaus mäzenatisch, und zwar in dem Sinne, "dass im Zeitalter von E-Books schön gestaltete, werthaltige und gedruckte Bücher mit gutem Inhalt ihren Stellenwert nicht verlieren". Eine echte Lichtgestalt also, mit PS-starker Aura.

Die vereinte Kraft von Eurythmie und Turbo-Lader, also feinem Gespür für die Zitronenfalter eines Verlags mit ausgeprägtem Autoren-Profil einerseits und finanzieller Power andererseits, dürfte das Beste sein, was einem Verlag passieren kann, will er im medialen Wandel nicht immer nur die Heckflosse der Konkurrenten sehen. Im großen Stil springen in Österreich mittlerweile private Player für den Staat ein, der die Buchverlage traditionell subventionierte. Erst vor Kurzem war Red Bull mit seiner Buchsparte Benevento Publishing an den Start gegangen und konnte sich mit dem Bestseller "Der Appell des Dalai Lama an die Welt" gleich in die Poleposition bringen. Bereits 2013 hat das Red Bull Media House, zu dem diverse Zeitschriften-Titel und Fernsehprogramme unter der Dachmarke Servus zählen, den Salzburger Ecowin Verlag übernommen. Bei Red Bull ist es die Druckbetankung mit dem Gummibärchen-Beschleuniger Taurin, die der österreichischen Verlagsszene Flügel verleiht. Der Residenz-Verlag steigt nun im Porsche aufs Gas. Und wer erst mal im 911er sitzt, schaut nicht zurück nach St. Pölten.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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