Dass Frédéric Chopin überhaupt für andere Instrumente als sein geliebtes Klavier komponiert hat, überrascht immer wieder. Doch während er das Violoncello wegen seiner Freundschaft mit dem französischen Cellisten Auguste-Joseph Franchomme mit einer wunderbaren Sonate und einem Virtuosenstück adelte, hat sich Chopin für die Violine kaum erwärmen können. Im frühen Klaviertrio op. 8 bleibt sie im Bereich der gedeckten Farben, die hohen Register scheint der Komponist wohl nicht sehr gemocht zu haben.
Mit diesem Trio begann der Chopin-Abend der Kremerata Baltica im Prinzregententheater. Niemand Geringerer als der große Gidon Kremer selbst übernahm den Violinpart, am Violoncello saß Giedrė Dirvanauskaitė, die auch die Solocellistin des baltischen Kammerorchesters ist. Am Klavier aber präsentierte sich der junge Koreaner Seong-Jin Cho, Jahrgang 1994, Sieger im Warschauer Chopin-Wettbewerb 2015. Ein Pianist des immer warmen, feinen, nie forcierten Klavierspiels, natürlich technisch hervorragend. Im Trio spielte er vorbildlich kammermusikalisch, Kremer phrasierte zart und rhythmisch doch prägnant, das Cello gab sich vornehm.
Gidon Kremer erschien dann noch einmal mit einem Mazurka-Arrangement. Dem Meister gelang es, diese genuine Klavierminiatur so wundersam auf die Geige zu zaubern, dass die Verfremdung überzeugte. Hingegen konnte das Nocturne E-Dur in einer Streichorchesterfassung bei aller Mühe, die sich die Kremarata damit gab, nicht recht befriedigen.
Das tat allerdings in so bravouröser wie verinnerlichter Weise dann Seong-Jin Cho, der beide Klavierkonzerte Chopins so bot, dass die Ovationen für dieses eben nicht vordergründige, dabei zunehmend leidenschaftliche Spiel nicht ausblieben. Dieser Pianist interessiert sich zum Glück nicht für Klingelglanz im Diskant, nicht für sentimentale Drücker und ausufernde Rubati, er gewinnt, indem er den Geist der Musik beschwört.