Kurzkritik:Magie der Nacht

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Das Quatuor Ebène mit Freunden im Herkulessaal

Von Harald Eggebrecht, München

Am Ende dieses denkwürdigen Konzerts im Herkulessaal löste sich der Bann nur langsam. Das Quatuor Ebène (vertraut Primarius Pierre Colombet und Cellist Raphaël Merlin, dazu die neue Bratscherin Marie Chilemme und als Einspringer Sebastien Surel für den erkrankten Geiger Gabriel Le Magadure) hatte mit dem großartigen Violavirtuosen Antoine Tamestit und dem farbenreichen Cellisten Nicolas Altstaedt Arnold Schönbergs Sextett "Verklärte Nacht" einem klingenden Nachthimmel gleich aufgespannt. Die Musiker entfalteten ein einzigartiges Klanggespinst feinster Piano-pianissimo-Nuancen, dann konvulsivisch sich steigernder Emotionswellen, ohne in falsche Fortissimodirektheit zu fallen, und ließen sich wahrlich atemberaubend zurücksinken in jene befriedeten Dunkelheiten, die dieses Stück so intensiv beschwört. Vorausgesetzt, man verliert - wie hier - in keinem Moment Konzentration, Differenzierungskraft, Klangachtsamkeit und kammermusikalische Dichte. Es war magisch.

Das Konzert folgte dem Motto "Nacht". Also blieben Saal und Podium zuerst im Dunkeln, als Tamestit mit Salvatore Sciarrinos "Ai limiti della notte" die Luft gleichsam mit Naturgewisper, -gerausche, -geflirr, -geglucker erfüllte. Altstaedt schloss unmittelbar an mit Henri Dutilleuxs "Trois Strophes" über den Namen Sacher, irdischer, manchmal ein wenig al fresco. Aber die Stimmung verstärkend, in der dann das Quartett Dutilleuxs Nachtgedanken "Ainsi la nuit" vielfältig auffächerte.

Es lässt sich streiten, ob es der abgedunkelten Inszenierung bedurfte, wenn die Musiken der verschiedenen Komponisten sowieso schon so suggestiv in allen Facetten nächtlich schimmern und glänzen. Sei's drum. Nach der Pause konnte man bei Licht gebannt mit Augen und Ohren verfolgen, wie sich die Musiker eine "Night Bridge" über Jazz-Standards bauten, die sie farbraffiniert in jene Tiefen führte, aus denen sich dann der Zauber der "Verklärten Nacht" unwiderstehlich erhob. Ovationen.

© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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