Konzert:Tod und Teufel

Lesezeit: 3 min

Der Münchner Krautrock-Musiker Peter Frohmader gilt seit den Achtzigerjahren als "Godfather of Gothic". Aus dem Keller seines Einfamilienhauses in Harlaching dringen bis heute düstere Klänge

Von Jürgen Moises

In den Siebzigerjahren galt er als "Avantgarde", in den Achtzigerjahren als "Godfather of Gothic" - und seitdem der Krautrock wieder populär geworden ist, findet man Peter Frohmader mit seinen verschiedenen Projekten gerne auch darunter gelistet. Dass ein einzelnes Wort jedenfalls nicht ausreicht, um das Phänomen Peter Frohmader überhaupt zu fassen, zeigt auch die Ankündigung zum Konzert von Nekropolis auf der Webseite des Münchner Kafe Kult. "Kraut-/Avantgarde-/Psychedelic Death Jazz" steht da zu lesen. Dabei war "Death Jazz", gibt Frohmader zu, eigentlich nur als Scherz gegenüber den Veranstaltern des Psychedelic-Festivals "Spaceshizzle Episode V" gedacht. Dort wird Frohmader mit seinem Projekt Nekropolis am Freitag als Headliner auftreten.

"Lord der düsteren Töne" ist auch so eine Bezeichnung, die in den Achtzigerjahren aufkam, als verschiedene Musiker aus der Gothic-Szene in Peter Frohmader ihren Urahnen erkannten. Warum? Dazu reicht es eigentlich schon, sich die ersten Minuten von "Musik aus dem Schattenreich" anzuhören, dem Debütalbum von Nekropolis aus dem Jahr 1979. Nachtfinstere Synthesizer-Akkorde treffen auf infernalisches Donnergrollen, die Becken des Schlagzeugs peitschen in die Höhe, als wären sie heiße Lava. "Hölle im Angesicht" nennt sich das Stück, andere heißen "Fegefeuer" oder "Unendliche Qual". Sehr sinfonisch klingt das Ganze. Acht Jahre später, beim Album "Homunculus, Nr. 1", wird Frohmader seine Stücke selbst "gotische Sinfonien" nennen.

Was den 58-Jährigen wiederum mit Krautrock-Bands wie Embryo und Amon Düül verbindet, ist seine Neigung zu Improvisation und Experiment. Bereits in seiner mit 13 Jahren gegründeten, ersten Band Alpha Centauri und danach bei Electronic Delusion und Kanaan hatte Frohmader mit unzähligen, teilweise selbstgebauten, elektronischen Instrumenten experimentiert. Anfang der Achtzigerjahre, als auch Carl-Ludwig Reichert von Sparifankal bei Nekropolis mitspielte, gehörten zum Instrumentarium verschiedene Bleche, Sägeblätter, Metallröhren, Kreissägen und ein Hobelmaschinen-Vorschub.

Vor allem der experimentellen Frühphase sieht sich der gebürtige Münchner heute wieder nahe, wenn er sich jeden Mittwoch mit befreundeten Musikern wie Chris Void oder Machtkrampf im Keller seines Einfamilienhauses in Harlaching zum Improvisieren trifft. Dort unten stehen neben Schlagzeug, Keyboards, Boxen und Verstärkern noch ein paar selbstgebaute Synthesizer. Ein ganzes Synthesizer-Sammelsurium findet sich im ersten Stock im "Elektronikzimmer", darunter echte Raritäten wie der ARP 2600, so etwas wie der Heilige Gral unter den analogen Synthesizern. Um die Geräte herum hängen Gemälde und Zeichnungen von Frohmader, der Kunst studiert und auch die meisten Plattencover selbst gestaltet hat.

Frohmaders Vorliebe für das Alptraumhafte und Fantastische, sie drückt sich auch auf diesen Bildern aus. Das sei irgendwie "angeboren", sagt Frohmader, der in seinem Haus auch eine beachtliche Sammlung an Schauerromanen und Horrorfilmen hat. Mit so etwas wie "Gut und Böse" habe das alles jedenfalls weniger zu tun, eher mit Dingen aus dem "Tiefengrund der Seele", die es "sicht- und hörbar zu machen" gelte. Eine "Mission", die ihn unter anderem jahrelang auch mit H.R. Giger verbunden hat. Mit dem vor drei Jahren verstorbenen Schweizer Künstler war Peter Frohmader seit 1982 gut befreundet.

Diese Mission sieht Frohmader inzwischen als beendet an. Mit der Malerei hat er schon länger aufgehört, auch bei der Musik gehe es im heute eher um eine "geballte Energieladung" als darum, ungehörte Klänge zu erfinden. Das gilt für die Improvisationen im Keller, von denen es auf Frohmaders Bandcamp-Seite zahlreiche Mitschnitte gibt. Und genauso auch für das Konzert, bei dem ihn Udo Gerhards am Keyboard, Matthias Friedrich an der Geige und Herbert Schneider am Schlagzeug begleiten. Er selbst wird seinen alten Rickenbacker-Bass spielen, seine "antiquarischen" Synthesizer lässt er dagegen lieber zu Hause.

Das heißt aber nicht, dass die Vergangenheit deswegen ruht. Im Gegenteil. So werden in diesem Jahr beim amerikanischen Label Cleopatra Records fünfzehn seiner alten Alben neu herauskommen. Auch wegen Festivalauftritten in Amerika hat man schon öfter bei ihm angefragt. Ähnliches gilt etwa für Japan, aber der Flug dorthin sei ihm genauso wie im Fall Amerika zu weit. Eine etwas obskure Anfrage hat ihn in den vergangenen Jahren aus Tokio erreicht. Dort würde man ihn gerne zusammen mit anderen deutschen Krautrockmusikern als Wachsfigur ausstellen. Das klingt genauso verrückt wie auch verfrüht. Denn dafür klingt Peter Fromaders Nekropolis noch viel zu lebendig.

Peter Frohmaders Nekropolis , Freitag, 10. März, 20 Uhr, Kafe Kult, Oberföhringer Straße 156

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: