Konzert:Hier lebt der Punk

Lesezeit: 2 min

Christian Höck und Fredo Ramone sind "Les Millionnaires". (Foto: Murat Kaydirma)

Die neugegründeten Münchner "Les Millionnaires" stellen bei einer Party in der Milla ihr erstes Album vor

Von DIRK WAGNER, München

"Früher bewarben Konzerte das neue Album. Heute lockt man mit einem neuen Album ins Konzert", sagt Christian Höck, der nun schon seit 20 Jahren in seinem Telstar-Studio internationale und lokale Bands wie die Arctic Monkeys aus England oder die Whiskey Foundation aus München produziert. Dass das besagte "neue Album" dabei immer häufiger nur noch als digitaler Datensatz aus dem Internet heruntergeladen wird, hält den in Frankreich geborenen Deutsch-Franzosen nicht davon ab, insbesondere die Alben, auf denen er selbst als Musiker in Erscheinung tritt, zusätzlich als haptische Tonträger zu veröffentlichen.

"Nur digital finde ich schwierig. Gerade, wenn ich Journalisten damit bemustere, glaube ich ja, dass ein schönes Cover mehr Interesse für eine unbekannte Band weckt als ein Link, über den man dann im Internet die Musik hören kann", sagt Höck, das Mastermind der Münchner Formation Phonoboy, mit deren Sängerin Fredo Ramone er nun eine weitere Münchner Band geschaffen hat: Les Millionnaires. Die sind zunächst stinkreich und blond, dann Punkrocker mit einer Sixties-Pop-Affinität und schließlich stilsicher genug, um den Champagner trotzdem nicht aus Dosen zu schlabbern. Schließlich war die französische Künstlerin Fredo Ramone, die die wilden Achtzigerjahre in Paris erleben durfte, schon bei Phonoboy für deren cooles Outfit zuständig. Bei den Les Millionnaires schreibt sie als Sängerin auch alle Texte. Etwa den über den Pernod-Unternehmer Patrick Ricard. Millionäre haben halt ihre eigenen Popstars. Die Musik zu ihren Texten liefert Höck, der sich in alter Punk-Manier auch mal bei Kollegen bedient. Da stöckelt schon mal die "Foxy Lady" von Jimi Hendrix durch "A L'Epoche", und da weht die "Anarchy in the UK" der Sex Pistols durch das Stück "Je suis Charlie".

Wirklich gecovert ist auf dem Les-Millionnaires-Debütalbum "Pink's not Dead" allerdings nur die Neil-Hefti-Komposition "Batman", die zu Ehren von Hias Schaschko in "Badgeman" umbenannt wurde. Neben CD-Cover, eigenen Songsammlungen und Postkarten gestaltet Schaschko nämlich wunderbare Badges, die aktuelle Ereignisse häufig mit einem einzigen Bild oder Zitat kommentieren oder zusammenfassen. Mit seinem ganz besonderen Wortwitz reagiert Schaschko zum Beispiel auf den zunehmenden Trachten-Wahn während der Wiesn mit der einfachen Aufschrift "Tracht Prügel".

Zu seinem Geburtstag überraschten Les Millionnaires ihren Freund Schaschko schließlich mit dem alten Batman-Soundtrack, über den sie nun "Badgeman" sangen. Dass diese Version am Ende auch noch auf das Debütalbum kam, war ursprünglich nicht geplant. Aber zum Glück setzt sich wenigstens noch im Punk Qualität durch. Was lag also näher, als dass Les Millionnaires ihre musikalische Liebeserklärung nun auch in einem kleinen Mitternachtskonzert bei der in München bereits legendären Party "Endlich Fasching" von Hias Schaschko am Rosenmontag in der Milla live präsentieren? Zumal Christian Höck alias Phonoboy neben Schaschko alias Intim-DJ Captain Schneider auch als DJ auf jener Party mitwirkt.

Weil die Rhythmussektion der Millionnaires wie bei der ein bisschen als Vorbild fungierenden französischen Punkband Bérurier Noir von einem Drumcomputer gestemmt wird, während Höck darüber seine Gitarre schmiert, können Les Millionnaires ihre eigenwillige Kreation aus Punk und Chanson allerdings auch in lärmempfindlicheren Räumen wie etwa am 21. Februar im Café Hüller in der Eduard-Schmid-Straße semi-akustisch vortragen. Der vorproduzierte Teil der Musik wird dann wie in den lauten Rockkonzerten der Band auch als Playback zugespielt, nur eben deutlich leiser. Dazu spielt Christian Höck dann aber nicht mit einer E-Gitarre, sondern er zupft deutlich leiser die Saiten seiner akustischen Gitarre.

James Bond kann es schließlich egal sein, ob sich die Sängerin Fredo Ramone nun elektrisch verstärkt oder unplugged in ihn verliebt. Hauptsache, sie ist dabei so blond, wie sie es in jenem Lied sein mag, das auf "Pink's not Dead" aus der bekannten James-Bond-Melodie hervorbricht wie ein Küken, das in Folge auch keine Ähnlichkeit mehr mit dem Ei hat, welches es als zerbrochene Schale zurücklässt. Und genau so geht Punk!

Les Millionnaires , Montag, 8. Februar, 20 Uhr, Milla, Holzstr. 28

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: