Konzert:Cleopatra ganz nah

Lesezeit: 3 min

Die Schweizer Sopranistin Regula Mühlemann bringt barocke Arien ins Prinzregententheater

Von Albert Heilmann, München

Selbstbewusst und ein wenig verträumt blickt Regula Mühlemann in die Ferne. Auf dem Cover ihrer neuen CD "Cleopatra - Baroque Arias" sieht man sie als ägyptische Herrscherin verkleidet und womöglich darüber sinnierend, was sie mit ihrer Macht als nächstes anstellen wird. Mühlemanns Waffe ist dabei allerdings kein ägyptisches Heer, sondern eine Stimme, wie man sie zwischen Orient und Abendland selten findet: fein, klar und zugleich von einer eleganten Dynamik.

Das Cleopatra-Thema ist nichts Ungewöhnliches. Eine der bekanntesten Nummern der Operngeschichte wird von einer Cleopatra gesungen: "Se pietà di me non senti" aus "Giulio Cesare in Egitto". Im Jahr 1724 von Georg Friedrich Händel komponiert, ist sie nur eine von etwa 80 in den Geschichtsbüchern überlieferten Opern, die sich dem Mythos um Cleopatra widmen, und tatsächlich stammt etwa die Hälfte davon aus dem Barock. Johann Adolph Hasse, Carl Heinrich Graun und Antonio Vivaldi sind nur einige der Komponisten, die sich mit den ägyptischen Herrscherinnen musikalisch auseinandersetzen. Diese Vielfalt zeigt sich auch auf der CD, auf der Mühlemann vom La Folia Barockorchester unter der Leitung von Chefdirigent Robin Peter Müller begleitet wird.

Eine vielschichtige, keineswegs nur machtbesessene Figur sieht die Schweizer Sopranistin Regula Mühlemann in Cleopatra. (Foto: Martin Förster/Sony Classical)

Die 32-Jährige schätzt dabei besonders den großen Interpretationsspielraum, den das Ensemble bietet: "Barockorchester sind die reinste Spielwiese", sagt Mühlemann. So hat man zum Beispiel bei "Ruhe sanft, geliebter Geist" auf die Harfe als einziges Instrument gesetzt. Ihr Lieblingsstück ist jedoch die Arie "Se tu sarai felice" aus Giovanni Legrenzis "Antioco il Grande". Es ist das älteste Stück auf der CD, komponiert im Hochbarock 1681. "Es klingt irgendwie nach einem Pop-Song, und man kann den auch so singen", sagt die Sopranistin. Für Pop-Musik geeignet hält sie ihre Stimme allerdings nicht. Dafür brauche man eine raue, eine rauchige Stimme, etwas Trüberes. Die Schweizerin verfügt jedoch eben über ein glasklares, helles Timbre - eine Stimme voller Reinheit.

Erst im Alter von 14 Jahren bekam Regula Mühlemann in Luzern ihre ersten Gesangsstunden. Für eine professionelle Karriere eigentlich sehr spät, aber Mühlemann sieht das sehr gelassen. "Meine Kindheit war frei, das können nicht viele Solisten von sich behaupten." Selbst nach dem Abitur konnte sie sich noch nicht richtig vorstellen, Sängerin zu werden, sondern peilte erst einmal ein Studium in Biologie an, ohne an den Besuch einer Musikhochschule überhaupt zu denken. Erst ihr Gesangslehrer konnte sie davon überzeugen, den Schritt an die Hochschule in Luzern zu wagen. Erste Erfahrungen auf der Opernbühne sammelte die junge Sopranistin schon früh am Luzerner Theater. Mittlerweile stand sie in einer Verfilmung des "Freischütz" an der Seite von großen Sängern wie René Pape, Franz Grundheber und Michael Volle. Als "persönliche Höhepunkte" ihrer noch jungen Laufbahn als Opernsängerin bezeichnet Regula Mühlemann die Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Yannick Nézet-Séguin.

YouTube

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Mit der Rolle der Cleopatra hatte Mühlemann zunächst jedoch Identifizierungsschwierigkeiten: "Zuerst dachte ich: Ich bin doch Papagena, Susanna, vielleicht auch eine Pamina - aber Cleopatra? Erst nach und nach habe ich gemerkt, dass Cleopatra einfach alles sein kann." Eine vielschichtige Figur. Was vielleicht auch daran liegt, dass es bekanntlich nicht nur eine Cleopatra gab. Die mit Abstand bekannteste ist die Geliebte von Julius Cäsar, Cleopatra VII. Sie steht im Mittelpunkt der meisten Rezeptionen. "Ich musste dieses Bild von der befehlshaberischen Königin auf der Pyramide aus dem Kopf bekommen", sagt Mühlemann, "wahrscheinlich war ich zu sehr von Asterix und Obelix geprägt." Letztendlich schuf sie ihre ganz eigene Cleopatra-Version, in der vor allem Liebe, Trauer und Tod thematisiert werden.

Ihre Inspiration holt sich die Schweizerin gerne bei Sängern, die auch nach vielen Jahren bei jedem Auftritt so singen, als ob es ihr letzter wäre: "Ich will von all den Leuten lernen, wie man sich diese Freude auf so lange Sicht erhalten kann", sagt sie und nennt als Beispiel den Tenor Rolando Villazón. Im Moment beschäftigt sich Mühlemann stark mit Mozart, auf konkrete Komponisten oder Rollen möchte sie sich aber nicht festlegen. "Eine Sofie im Rosenkavalier würde mich aber schon reizen." Und wie sieht es mit den großen Bühnen aus? "Ich glaube nicht, dass die wundervollen Momente schöner gewesen wären, wenn sie an der Scala oder der Wiener Staatsoper stattgefunden hätten. Aber dort oder in New York zu singen, würde ich vermutlich nicht ablehnen."

Regula Mühlemann und das La Folia Barockorchester : "Cleopatra - Arien und Ouvertüren", Montag, 15. Januar, 20 Uhr, Prinzregententheater

© SZ vom 09.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: