Kleine Nachtkritik: Maybrit Illner:Let's talk Deutsch!

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"Bevor ich Dieter Bohlen geheiratet habe, konnte ich schon Deutsch sprechen": Sprach-Expertin Verona Pooth zu Besuch bei Maybrit Illner. Eine kleine Nachtkritik.

Sarina Pfauth

Verona Pooth hatte ihr Haar in hübsche Locken gelegt und sich extrahohe Schuhe angezogen für ihren Auftritt als Sprach-Expertin in der ZDF-Talkshow von Maybrit Illner. Die Talkmasterin (sic!) hatte sich den Titel "Lernt erst mal richtig Deutsch! Besser sprechen per Gesetz?" als Thema ausgesucht.

Konnte schon vor der Hochzeit mit Dieter Bohlen Deutsch: Medien-Profi Verona Pooth. (Foto: Foto: dpa (Archivbild))

Die Talkrunde (sic!) sollte darüber diskutieren, wie man Migranten und Manager (sic!) zu besserem Deutsch verhelfen kann. Aufhänger der Sendung war, dass große Teile der Union es gerne sehen würden, wenn Deutsch als Landessprache im Grundgesetz stünde. Bei Illner sollte geklärt werden, ob das eine gute Idee ist und was es denn bedeuten würde, schriebe man die deutsche Sprache in die Verfassung.

Treffen statt Meeting, einkaufen statt shoppen

Um die Tragweite des Problems und den Grad des Verfalls der deutschen Sprache zu illustrieren, erzählte CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, dass ihn manchmal Leute fragen würden, ob er "nach dem Dinner noch ein kompatibles Zeitfenster identifizieren" könne. Wo, bitte, findet man denn solche Typen? Vielleicht bei den Polit-Beratern?

Die Typen, die bei Maybrit Illner im Kreis saßen, waren sich jedenfalls darüber einig, dass dem "Denglisch" Einhalt geboten werden muss. Treffen statt Meeting, einkaufen statt shoppen. Verona gab sich in dieser Frage wohltuend relaxed: Sie findet es normal, dass jemand, der den ganzen Tag auf Englisch telefoniert und verhandelt, fremde Vokabeln in seine Muttersprache übernimmt. Und die Vermutung, dass englische Wörter zum Wichtigmachen benutzt werden, widerlegte Verona Pooth ("hier werden sie geholfen") überzeugend: "Meeting? Die Wörter kann sogar ich einwandfrei übersetzen." Wer Eindruck schinden will, denkt sie, muss heute mehr zu bieten haben.

Wolf Schneider macht Verona Pooth Komplimente

Verona Pooth ("Wo ist hier der Blubb?") klärte die Runde außerdem darüber auf, dass sie in einer Sendung schon mal auf drei gezählt und dafür Standing Ovations bekommen habe. Und dass sie schon vor der Hochzeit mit Dieter Bohlen Deutsch konnte. Jawohl, und zwar gar nicht einmal schlecht.

Wolf Schneider, oberste Instanz in Fragen der deutschen Sprache und Autor zahlreicher mahnender Bücher, machte Verona Komplimente ("Frau Pooth hat sich mit so viel Witz als Dummchen stilisiert, dass es ja schon charmant war!") und verbrachte ansonsten sehr viel Zeit damit, die aktuelle Talkshow mit der Gesprächsrunde "Hart aber Fair" vom Vortag zu vergleichen und sich mit Ulrich Kienzle, Journalist und Schwabe, misszuverstehen. Gastgeberin Illner, fertig mit den Nerven: "Um die Tatsache, dass es unter ihnen keinen Streit gibt, werden sehr viele Worte gemacht."

Ulrich Kienzle wiederum konzentrierte sich vor allem darauf, Herrn Bosbach von der CDU ins Wort zu fallen, vorzugsweise mit unsachlicher Kritik ("Ich versuche, Sie daran zu hindern, diesen Unsinn weiterzuerzählen.") Höhepunkt der Auseinandersetzung: Die Loriot-Szene! Wunderbar! Ein kleines Zitat:

Bosbach redet, und zwar mit Eifer. Kienzle: "Regen Sie sich nicht auf!" Bosbach: "Ich rege mich nicht auf!" (Ja ja, genau wie im Sketch von Loriot!) Bosbach weiter: "Herr Kienzle!" Kienzle: "Ja, bevor Sie sich zu sehr erregen!"

Pooth: "Was ist denn nun das Problem?"

Ungefähr in der Mitte der Sendung wurde es Verona Pooth schließlich zu bunt. Integration von Migrantenkindern, Denglisch-Diskussionen, Leitkultur-Debatte, zwischendurch ein französischer Komiker, der Witze von seinem Zettel ablas. "Was ist denn nun das Problem?", wollte Verona wissen. Einfach mal so, zwischendurch.

Die Frage konnte oder wollte niemand so richtig beantworten. Zur Ablenkung zitierte Wolf Schneider dann aber einige ziemlich lustige Studienergebnisse, um zu belegen, dass es doof ist, in Deutschland auf Englisch zu werben. Den Werbeslogan "Stimulate your senses" konnten laut Schneider 75 Prozent der Befragten gar nicht übersetzen. Die restlichen 25 Prozent glaubten zwar, den Spruch verstanden zu haben - es gab da allerdings auch Übersetzungsversuche wie :"Stimuliere deine Sense" oder "Befriedige dich selbst".

Es hätte eine interessante Diskussion werden können über den Sinn und Unsinn von verpflichtenden Deutschkursen für Migranten, zum Beispiel. Dafür blieb am Ende leider keine Zeit mehr.

Im Anschluss an die Sendung stand Wolf Schneider aber noch für Rückfragen zur Verfügung. Im Chat (sic!).

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