Kino:Ziemlich beste Gesellschaft

Lesezeit: 3 min

Die französische Hochzeitskomödie "Das Leben ist ein Fest" ist der neue Film des Regie-Duos von "Ziemlich beste Freunde".

Von Martina Knoben

Wenn den Gästen Teigtaschen mit Sardellen serviert werden, ist das ein Alarmsignal. Diesen "Gruß aus der Küche", begleitet von extra viel Mineralwasser, gibt es immer dann, wenn etwas schiefgegangen ist, etwa der vorgesehene Lammbraten verdorben ist. Die salzigen Sardellen verführen zum Trinken - auf dass die Mägen der Gäste aufquellen. So schindet die Küche Zeit, um die Panne zu beheben.

Die Teigtaschen sind einer von vielen Caterer-Tricks - und eines von unzähligen unsichtbaren Schräubchen in einer hochkomplexen Maschine, die auf Hochtouren läuft, um unvergessliche Momente zu fabrizieren. Max (Jean-Pierre Bacri) und seine Mannschaft sind auf die Ausrichtung glamouröser Hochzeitsevents spezialisiert. Die Filmkomödie "Das Leben ist ein Fest" begleitet sie einen Tag und eine Nacht bei der Inszenierung der Traumhochzeit von Pierre und Helena in einem Schloss vor den Toren von Paris, bei der schiefgeht, was nur schiefgehen kann.

Die Kellner meutern, weil sie Perücken und Livrees tragen sollen wie zu Zeiten des Sonnenkönigs. DJ James, der sich selbst als Rockstar sieht, soll Vico-Torriani-Lieder für die betagten Gäste spielen. Der schmierige Hochzeitsfotograf Guy interessiert sich nur fürs Buffet und die weiblichen Gäste und legt sich mit Handy-Knipsern an. Max' eigenwilliger Cousin, der seine Umgebung zu den unpassendsten Gelegenheiten auf Pleonasmen und andere sprachliche Ungenauigkeiten hinweist, erkennt in der Braut seine Jugendliebe und flirtet mit ihr. Es kommt zu Lebensmittelvergiftungen durch den vorab gekosteten Lammbraten und die alten Sicherungen im Schloss brennen durch. Zu allem Übel hat Max auch noch Ärger mit seiner Frau und seiner Geliebten. Kurz: der Hochzeitsplaner stolpert von einer Katastrophe zur nächsten.

Wenn die Menschen besonders glänzen wollen, sind sie am komischsten: Pierre beim Hochzeits-Stunt. (Foto: Thibault Grabherr/Universum)

"Ich beeile mich, über alles zu lachen, um nicht gezwungen zu sein, darüber zu weinen." Das Zitat aus dem "Barbier von Sevilla" ist das unerwartet geistreiche Ende von Pierres furchtbar langweiliger Hochzeitsrede - und auch das Leitmotiv dieser irre schnellen, irre komischen Gesellschaftssatire. Inszeniert und geschrieben haben sie die Macher des Welterfolgs "Ziemlich beste Freunde", Olivier Nakache und Éric Toledano, die auch diesmal "Oben" und "Unten" der französischen Gesellschaft zusammenzwingen.

An der Schnittstelle und im Zentrum ihrer Erzählung steht Firmenchef Max, den Bacri als stilvollen, stets hochtourig multitaskenden Jedermann spielt. Müdigkeit und Melancholie stehen diesem Profi im Hochzeitsgeschäft ins Gesicht geschrieben. Seine Kunden sind Knauser oder reiche Ekel - Pierre ein besonders unangenehmes, eitles und rechthaberisches Exemplar. Die meisten seiner Angestellten wiederum könnten einen Babysitter gut brauchen, Max erscheint als Dirigent eines Orchesters, das aus lauter neurotischen Egoisten besteht.

Das alles könnte auch Stoff für eine Tragödie sein - aber dafür ist nun wirklich keine Zeit

Die Figuren sind am Rand zur Karikatur angesiedelt, mal diesseits, mal jenseits der Grenze. Die Komik des Ganzen hat etwas Brutales, wie Slapstick und Klamauk ja ohnehin brutal und mechanisch sind - das passt zum Bild der Traummaschine. Wie Kapitelüberschriften werden Uhrzeiten eingeblendet. Die neofeudalistische Feier ist für die Dienstleister eine generalstabsmäßig organisierte Schlacht. Paralleln zur "Traumfabrik" Kino liegen auf der Hand.

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Ja, das Leben mag ein Fest sein. Aber bei diesem Fest, das lässt sich in dieser Komödie gut studieren, rackern sich die einen ab, damit sich die anderen amüsieren. Geld und Sex sind die Triebfedern, beschleunigt wird die soziale Maschine durch Eitelkeit und Angst vor dem sozialen Abstieg. Das alles wäre auch Stoff für eine Tragödie - aber dafür ist hier nun wirklich keine Zeit. Eine Pointe folgt auf die nächste. Auch die Kamera ist agil und elegant.

Wenn dann mal Sand ins Getriebe gerät und die Maschine nicht mehr rund läuft, kommen bizarre, ins Anarchische weisende Situationen dabei heraus und "magisch" anmutende Bilder. So hebt der aufgeblasene Bräutigam Pierre tatsächlich ab bei einem unfreiwilligen Stunt, und selten hat Schadenfreude so viel Spaß gemacht. Herren und Knechte mischen sich untereinander - wenn auch nur kurz -, sogar Multikulti ist möglich und macht Spaß.

Olivier Nakache und Éric Toledano sind Realisten, aber auch Märchenerzähler; das hat schon "Ziemlich beste Freunde" so erfolgreich gemacht. Die beiden sind eben ausgebuffte Profis in der Herstellung traumhafter Momente. Profis wie ihr Held Max.

Le sens de la fête , Frankreich, Kanada, Belgien 2017 - Regie und Buch: Éric Toledano, Olivier Nakache. Kamera: Mathieu Vadepied. Schnitt: Dorian Rigal-Ansous. Mit: Jean-Pierre Bacri, Gilles Lellouche, Jean-Paul Rouve, Vincent Macaigne, Alban Ivanov . Universum, 116 Minuten.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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