Kino:Sensenfrau mit Federboa

Frei nach Charles Dickens' "Weihnachtsgeschichte": das Hollywood-Drama "Verborgene Schönheit" mit Will Smith, Helen Mirren und Kate Winslet.

Von Susan Vahabzadeh

Man kann Filmen alles mögliche vorwergen, aber nicht unbedingt, dass sie geworden sind, was sie werden sollten. Esoterische Science Fiction ist nun mal nicht rational, Klamotten sind sich für keine platten Scherze zu schade, und ein Film, der darauf aus ist, den Taschentuchverbrauch drastisch in die Höhe zu treiben, lässt keine Gelegenheit ungenutzt vorüberziehen, die Tränendrüsen seines Publikums zu melken.

Zu letzterem Genre gehört "Verborgene Schönheit" von David Frankel, ein echter Tearjerker. Es ist sehr schnell klar, dass es um einen Mann geht, der den Tod seiner kleinen Tochter nicht verwindet, und wenn eine solche Geschichte einigermaßen gut gespielt ist, dann kann man ja fast nur mitleiden.

Etwas verspätet, trotzdem ist "Eine Weihnachtsgeschichte" das Vorbild für diesen Film

"Verborgene Schönheit" hat ein All-Star-Ensemble, und wenn man bereit ist, über ein paar kleine Macken hinwegzusehen, ist das Ergebnis traurig, aber schön. Subtilität gehört nicht zu den Stärken von David Frankel, der "Der Teufel trägt Prada" gemacht hat; wer einen Film machen will über Liebe, Tod und Zeit muss es ja nicht unbedingt rausplappern, während noch der Vorspann läuft. "Verborgene Schönheit" ist eine lose Bearbeitung von Charles Dickens, Drehbuchautor Allan Loeb hat dafür dessen "Weihnachtsgeschichte" ein bisschen verdreht. Eigentlich tatsächlich ein Weihnachtsfilm, der bei uns ein wenig spät herauskommt, ein recht komplexes Stück mit acht Paraderollen, und der schönste Coup von allen ist Dame Helen Mirren, die einen charmanten Tod mit Federboa gibt, immer bereit, sich in den Vordergrund zu drängen.

Kino: Howard (Will Smith) schreibt Briefe an die Zeit, die Liebe und den Tod. Letzterer wird von Helen Mirren gespielt.

Howard (Will Smith) schreibt Briefe an die Zeit, die Liebe und den Tod. Letzterer wird von Helen Mirren gespielt.

(Foto: Warner)

Die größte Paraderolle aber hat Will Smith, der hier genau das Gegenteil spielt von allem, was er verkörpert. Sonst wirkt er immer ungeheuer selbstbewusst und vital, und auch die gebrochenen Helden, die er gespielt hat, haben noch etwas von einem Stehaufmännchen. Sein Howard aber hat keine Kraft mehr und keine Hoffnung. Er vegetiert vor sich hin, seine Augen sind müde und alles an ihm wirkt fahl und glanzlos. Howard war einmal witzig und optimistisch und lebensfroh, aber nichts ist mehr davon übrig, seit seine kleine Tochter gestorben ist. Er kommt noch ins Büro, aber da baut er nur Gebilde aus Dominosteinen auf und bringt sie dann zum Einsturz. Und dann geht er wieder nach Hause, wo er im Dunkeln herumlungert. Seine Kompagnons in der Werbefirma, deren Leib und Seele er einmal war, wissen nicht, was sie tun sollen. Claire (Kate Winslet), Simon (Michael Peña) und Whit (Edward Norton) müssen etwas unternehmen. Denn Howard spricht nicht mehr, nicht mit ihnen und nicht mit den Kunden. Der wichtigste Kunde wird die Agentur bald feuern, und ein Übernahmeangebot, das die letzte Rettung wäre, können die drei nur mit Howards Zustimmung annehmen.

Sie haben eine Privatdetektivin beauftragt, die Beweise bringen soll, dass Howard nicht mehr ganz sauber tickt. Und die wird dann auch schnell fündig. Sie hat aus einem Briefkasten hinausgefischt, was Howard mit der Post verschickt, die Briefe wären sowieso nie angekommen. Es sind wüste Beschimpfungen, adressiert an den Tod, die Liebe und die Zeit.

So kommt es dann, dass das Firmentrio ein Schauspielertrio engagiert, das Whit zufällig kennengelernt hat. Die süße Amy (Keira Knightly), die exzentrische Brigitte (Helen Mirren) und der freche Raffi (Jacob Latimore) sollen Howard vorspielen, sie seien die Liebe, der Tod und die Zeit, und wenn er ihnen das glaubt, würde das wohl reichen, um ihm sein Stimmrecht zu entziehen. Wer aber würde einem so hinreißenden Tod wie Dame Helen Mirren nicht glauben? Ihr Tod ist kein Monster, sondern eine Künstlerin, überkandidelt, aber weise, und ganz versessen darauf, sich einen großen Auftritt zu verschaffen.

Ein etwas unübersichtlicher Plot, zugegeben, aber es ist ja auch keine einfache Geschichte, die Frankel da erzählt, schon deswegen, weil er tatsächlich alle Figuren eingehender betrachtet. Bei Howard lösen die drei Schauspieler endlich eine Reaktion aus; und sie befassen sich, ganz nebenbei, noch mit den privaten Problemen von Claire, Whit und Simon. Es gibt tatsächlich ein bisschen verborgene Schönheit in dieser Geschichte zu finden, beispielsweise in jenen Momenten, in denen man sieht, dass die drei Kompagnons nicht aus Gier handeln. Claire beispielsweise kann einfach nicht ertragen, dass der Laden den Bach heruntergeht, dem sie all ihre Zeit geschenkt hat.

Collateral Beauty, USA 2016 - Regie: David Frankel. Drehbuch: Allan Loeb. Kamera: Maryse Alberti. Schnitt: Andrew Marcus. Mit: Will Smith, Kate Winslet, Edward Norton, Michael Pena, Keira Knightley, Helen Mirren, Naomie Harris, Jacob Latimore. Warner, 94 Minuten.

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