Kino:Liebe im Land der Verbote

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"Barakah Meets Barakah", eine romantische Komödie aus Saudi-Arabien, wo schon des Prinzip "Boy meets Girl" für Unverheiratete eigentlich unmöglich ist.

Von Kathleen Hildebrand

Der Plot von "Barakah Meets Barakah" klingt altbekannt: das klassische "Boy meets girl"-Prinzip, aktualisiert mit ein wenig Social-Media-Zeitgeist. Braver Gemeindebeamter trifft glamouröse Instagram-Schönheit. Sie verlieben sich, es gibt Hindernisse. Brisant wird das Ganze, weil es in einem Land spielt, in dem unverheiratete Paare praktisch keine Begegnungsmöglichkeiten haben, Frauen nicht Auto fahren dürfen und für fast alles die Unterschrift eines männlichen Vormunds brauchen, sowie Kinovorstellungen seit Jahrzehnten verboten sind: Saudi-Arabien.

Schon die erste Begegnung von Bibi (Fatima Al Banawi) und Barakah (Hisham Fageeh) dürfte eigentlich nicht passieren. Sie lernen sich bei einer Vernissage in einer Galerie kennen, und ihre erste Unterhaltung wird von der aufgeregten Warnung eines jungen Mannes unterbrochen: "Nehmt den Hintereingang, Religionspolizei!" Andererseits: Die Regeln scheinen so absolut nicht zu sein. Bibi wurde von ihrem Management extra in die Galerie geschickt, um mit einem kurzen Video Werbung für die Ausstellung zu machen. Sie filmt sich mit einem Selfie-Stick, unverschleiert. Über dem Mund aber muss der Bildausschnitt enden. Bei all den fließenden Grenzen, die es im Saudi-Arabien dieses Films gibt: Ein ganzes Frauengesicht ist dann doch zu viel.

Seine leichte, charmante Komik entwickelt "Barakah meets Barakah" aber weniger aus der Spannung zwischen Verbot und Freiheitsdrang als aus dem gewaltigen Klassenunterschied, der zwischen den beiden Protagonisten besteht. Während Bibi mit großem Selbstbewusstsein Videoclips über fair gehandelten Kaffee dreht und für das Modelabel ihrer Mutter als Model arbeitet, verteilt Barakah in der brütenden Hitze Strafzettel an Gemüsehändler und Bauherren oder hebt illegale Brauereien aus. Er ist arm, ein Träumer und ein bisschen mutlos.

Erstaunlicherweise ist es deshalb Bibi, die versucht, die Liebesgeschichte voranzutreiben. Sie liefert die Ideen für geheime Treffen, sie sehnt sich nach großen romantischen Gesten. "Lass uns verreisen", sagt sie zu Barakah am Telefon, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht. Die Reise führt dann bloß in einen Freizeitpark am Stadtrand. Barakah darf ihn als unbegleiteter Mann nicht mal betreten.

Der Film des saudischen Journalisten und Regisseurs Mahmoud Sabbagh oszilliert die meiste Zeit über zwischen sanfter Kritik und sympathischem Humor. Die offene Konfrontation mit dem Regime sucht er nicht. Aber es gibt ein paar Sequenzen, in denen Sabbagh deutlicher wird: Barakah erzählt zu eingeblendeten Schwarzweißfotos aus den Sechzigerjahren von Partys und Filmabenden, auf denen unverschleierte, westlich gekleidete Frauen und Männer zu Gast waren. Er erzählt von dem ganz anderen Saudi-Arabien, in dem seine Eltern noch aufgewachsen sind. Es sind die ernsthaftesten, aber auch die traurigsten Szenen des ganzen Films - von dem unwahrscheinlich ist, dass er in dem Land, in dem er spielt, je öffentlich gezeigt werden wird.

Barakah yoqabil Barakah , Saudi-Arabien 2016, Regie und Drehbuch: Mahmoud Sabbagh. Mit: Hisham Fageeh und Fatima Al Banawi, 98 Minuten.

© SZ vom 14.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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