Kino:Die Qual der Wahl

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Trump oder Hillary? Das US-Kino fantasiert erstaunlich realitätsnah über den Kampf ums Weiße Haus, von Roland Emmerich bis Oliver Stone.

Von Susan Vahabzadeh

Wenn Wahlkampf ist, mischen sich Hollywoods Schauspieler und Filmemacher meistens direkt ein. Zum republikanischen Bewerber Donald Trump hat beispielsweise inzwischen fast jeder irgendwas gesagt, von George Clooney ("xenophober Faschist") über Johnny Depp ("Göre") und Jennifer Lawrence ("das Beste, was den Demokraten je passiert ist") bis zu Charlie Sheen ("alberner Homunkulus"). Die Filme sprechen zu lassen, ist dagegen eher schwierig: Das Kino ist zu langsam.

Aber da die Filmstudios ohnehin gern Jahre im Voraus wüssten, was das Publikum interessiert und man sich auf die Regelmäßigkeit amerikanischer Präsidentschaftswahlen seit 1788 verlassen kann, findet der Kampf ums Weiße Haus natürlich doch auf die Leinwände - irgendwie. Die Produzenten der Horrorfilmreihe "The Purge" wären wahrscheinlich bitter enttäuscht, würde Hillary Clinton die Vorwahlen nicht überstehen - in Teil 3, "The Purge: Election Year" tritt nämlich eine Kandidatin an, um die Amerikaner vor dem Totalitarismus zu retten. Auch Roland Emmerichs "Independence Day 2" setzt auf eine weibliche Führungskraft. Und der Film über das erste Rendezvous des real amtierenden Präsidenten Barack Obama mit der späteren First Lady - "Southside with You" - kommt auch pünktlich zum Wahlsommer in die US-Kinos.

Besonders viel Glück hatte die Weinstein Company - denn einen Film zum Präsidentschaftskandidaten Donald Trump kann es natürlich eigentlich gar nicht geben, den hätte sich vor einem Jahr noch keiner träumen lassen. Schon gar nicht 2014, als Robert Siegel, der "The Wrestler" geschrieben hat, sein neues Drehbuch verkauft hat. Es heißt "The Founder" und handelt von Ray Kroc, dem Mann, der aus der kleinen Imbissbude McDonald's einen Riesenkonzern gemacht hat. Er hatte sich zwar bei den McDonald-Brüdern nur eingekauft, bezeichnete sich aber trotzdem als Gründer. Kroc war also ein Millionär, der nicht so "self-made" war, wie er gern tat. Er war kein Freund des Mindestlohns, und ihm war jeder Trick recht, wenn es darum ging, seinen Machtbereich auszubauen. Eigentlich sollte der Film erst nach den Wahlen anlaufen, wurde jetzt aber vorgezogen, und die New York Times mutmaßt also, das könne damit zu tun haben, dass "The Founder" für den Wahlkampf durchaus Debattenstoff hergebe.

Die Filmgemeinde Hollywoods ist demokratisch dominiert. Einer aber wird es sich wohl traditionsgemäß zwischen allen Stühlen bequem machen: Filmemacher Oliver Stone, der bei allen Themen, von Hugo Chavez über Arafat bis Vietnam und JFK, gern unberechenbar bleibt. Stones "Snowden" über den Whistleblower ist zwar längst fertig, kommt nun aber sechs Wochen vor der Wahl im November in die US-Kinos. Nur keiner Debatte aus dem Weg gehen.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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