Kabarett:Rumpelstilzelei

Lesezeit: 1 min

Allein unter Deppen: Bruno Jonas. (Foto: Agentur Roswitha Seelos)

Bruno Jonas ist kein Mann für einen entspannten Abend. Auch in seinem neuen Programm muss er sich ganz gehörig aufregen

Von Thomas Becker

Es gibt wenige, die sich auf der Bühne so schön ärgern können. Das, was da zuweilen aus Bruno Jonas herausbricht, ist schon kein Granteln und kein Mosern mehr, sondern tief empfundene Aufregung, die sich in herzhaft-heftigem Extemporieren entlädt, Kraftausdrücke explizit nicht ausgeschlossen. Alles muss raus, auch wenn wieder nur der blöde Fernseher zuhört. Man sieht ihn förmlich daheim vor dem Gerät stehen, keifend, die Arme im Fuchtel-, das Mundwerk im Tourette-Modus. Daneben seine maximal entspannte Frau, die die Rumpelstilzelei noch nicht mal mit einem Kopfschütteln quittiert. Herrlich. Und wir, die Zuschauer, live dabei im Jonas-Wohnzimmer - wenigstens fast.

Für sein elftes Soloprogramm "Nur mal angenommen" hat er seine Haidhauser Bleibe auf der Bühne des Lustspielhauses nachgebaut, also mit Paketen vollgestellt. Schließlich ist er jetzt der Packl-Bruno, die Annahmestation für Murat, den Zusteller-Türken. Der grassierende Amazon- und Zalando-Wahn unserer Lieferanten-Gesellschaft bietet ein wunderbar absurdes Spielfeld für einen Kabarettisten, aber Jonas wäre nicht Jonas, wenn er sich in zweieinhalb Stunden bloß diesem Phänomen widmen würde.

Vielmehr geht's bei dem Mittsechziger um alles: um die Realsatire namens Politik, um die digitale Revolution, ihre orwellschen Auswüchse und die Kernfrage: Was ist Wirklichkeit? Und es geht um das Problem der Demokratie: "Das ist das Volk! Es gibt sooo viele Deppen. . ." Da beginnt seine linguistische Feinarbeit: Für Jonas ist der gescheite Depp noch ärmer dran als der depperte Depp - weil er nicht merkt, wie deppert er ist. Schön auch die Frage, ob das Richtige falsch wird, nur weil's der Falsche sagt. Da darf mitdiskutiert werden, auch wenn er beiseite sagt: "Ich möchte Sie wirklich nicht zum Nachdenken bringen. . ." So isser, der Packl-Bruno. Wie schon der "Tango" in "Irgendwie und sowieso": Bayerns coolster Postbote. Einer, bei dem man gern mal sein Packerl abholen würde.

Bruno Jonas: Nur mal angenommen. . ., nächster Termin: Do., 7. Sep., 20 Uhr, Lustspielhaus

© SZ vom 07.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: