Jugendbuch:Sommer mit Puck

Lesezeit: 2 min

Ein Ferienroman auf einer griechischen Insel.

Von Siggi Seuss

Gideon Samsons "Sternschnuppensommer" ist ein Ferieninselabenteuer, wie es im Buche steht? Das sieht dem jungen niederländischen Autor, der mit subtilen und raffinierten Geschichten Aufmerksamkeit erregt, gar nicht ähnlich. Samson - und mit ihm sein kongenialer Übersetzer Rolf Erdorf - erzählt von den Ferien des zwölfjährigen Niederländers Jakob auf einer griechischen Insel. Mit einem ungewöhnlichen Stilmittel: Der auktoriale Erzähler spricht die Hauptfigur mit einem vertrauten "Du" an, wie eine ältere, erfahrenere innere Stimme Jakobs.

Sommer. Sonne. Im Meer baden. Freundschaften schließen. Sirtaki tanzen. Mal am Raki nippen. Auf dem Rücken liegend den Sternenhimmel betrachten. Und schließlich voller Wehmut Abschied nehmen. Das kann doch nicht alles gewesen sein? Die Naturstimmungen sind mehr als Folie für die Handlung. Sie inspirieren die Geschichte. Genauso wie Jakobs Freundschaft zu einem einheimischen Jungen und einem niederländischen Mädchen, das mit seinen Eltern auf der Insel Urlaub macht. Naturerlebnisse und Begegnungen mit ihnen geben Jakob auch die Kraft, vergangene Schwierigkeiten zu bewältigen. Über einen neuen Seelenschmerz lässt uns der Autor bewusst lange Zeit im Unklaren. Schließlich ist sein Held selbst völlig verunsichert über das, was da mit ihm geschieht. "Sternschnuppensommer" ist also so etwas wie eine diffizile Coming-of-Age-Geschichte, die sich ganz langsam entwickelt und die Spannung behutsam aufbaut. Für den Einzelgänger Jakob, der die Schule hasst, wird bald ein neuer Lebensabschnitt beginnen, vor dem er insgeheim große Angst hat: Er kommt auf eine neue Schule. Und zu allem Übel wollen seine Mutter und ihr neuer Lebensgefährte in ihrem ersten Urlaub alleine sein und schicken den Jungen derweil zu seinem leiblichen Vater, einem griechischen Gastwirt, zu dem er schon lange Jahre keinen Kontakt mehr hat. Der Inselaufenthalt wäre - trotz redlicher Bemühungen des Vaters - alles andere als ein Vergnügen, würde Jakob nicht einen munteren einheimischen Jungen kennenlernen, den dreizehnjährigen Micha. Sie werden beste Freunde. Vor allem als Michas große Ferienliebe, das niederländische Mädchen Puck, dazukommt, eröffnet sich für Jakob eine völlig neue Welt: Eine solch innige Freundschaft zu dritt hat er noch nie erlebt.

Aber die neue Welt besteht nicht nur aus freundschaftlichen Gefühlen - sie besteht auch aus deren Gegenteil: Verwirrung. In Jakob keimt etwas, wofür er keinen Namen findet: Begierde und Lust. Trotz der wunderbaren Dreisamkeit, trotz des Wissens, dass Puck Michas Liebste ist, möchte Jakob sie küssen. Auch Puck scheint nicht abgeneigt zu sein. Und sie tun es.

Wie das endet und ob die Irrungen und Wirrungen eines Inselsommernachtstraums wieder dem grau empfundenen Alltag eines jungen Mannes auf der Schwelle zum Erwachsenwerden weichen, erzählt Gideon Samson in ruhiger und einfühlsamer Weise. Mit einem sanften, augenzwinkernden Unterton, der die Sternschnuppen am Inselhimmelszelt noch ein bisschen heller leuchten lässt. (ab 12 Jahre)

Gideon Samson : Sternschnuppensommer. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2018. 232 Seiten, 12,95 Euro.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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