Jetzt im Kino:Hook ohne Haken

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Will Ferrell kalauert sich in "Der Knastcoach" durch Klischees, in "Der Babadook" mutiert ein Kinderbuch zum Monster und "Hot Tub 2" beantwortet die Frage, wohin man mit einer Zeitmaschine reisen sollte.

D ie Filmstarts vom 7. Mai auf einen Blick, bewertet von den SZ-Kritikern. Rezensionen ausgewählter Filme folgen.

Die abhandene Welt

Rainer Ganera: Katja Riemann singt (Bar-Jazz), Barbara Sukowa auch (Oper, Liedgut). Ansonsten verkörpern beide in Margarethe von Trottas Möchtegern-Familiendrama die typisch trottaesksen "starken" Frauen - im Gegenüber zu Tölpelmännern (Tyrann, Weichei oder Smartie). Die Story mixt das thrillernde Doppelgängermotiv mit Bruderzwist und Weiberlist, um schließlich bei Kitsch, Komik (unfreiwillig) und Oldie-Soap zu landen.

Der Babadook

David Steinitz: Das Monster in diesem Horrorfilm von Jennifer Kent ist ein Kinderbuch namens "Der Babadook", das direkt aus den schlimmsten Albträumen des deutschen Expressionismus stammen könnte. Die Nachtlektüre mit Mama verschreckt den kleinen Samuel so sehr, dass er immer aggressiver wird. Eine düstere Geschichte über die Angst vorm schwarzen Mann - und über die Angst einer Mutter vor ihrem Kind.

The Forecaster

(siehe Kritik)

Hedi Schneider steckt fest

Martina Knoben: Hedi (Laura Tonke) führt ein scheinbar unbeschwertes Leben mit Mann und Kind, bis sie glaubt, einen Schlaganfall zu erleiden. Der Notarzt findet nichts - ihre Angst bleibt. Sonja Heiss' Hypochonder-Studie ist ein nicht durchgehend gelungener Versuch, von einer psychischen Störung zu erzählen, zwischen Komödie und Drama.

High Performance

Bernhard Blöchl: Zwei Brüder, der eine karrieregeil, der andere nicht, lässt Johanna Moder in ihrem Kinodebüt aufeinander los. Zwischen den beiden: dieselbe Frau. Um Sein und Schein geht es in dem gewitzten Drama aus Österreich, um Manipulation, Macht, das Streben nach dem guten Leben. Die Grazerin lässt ihre Figuren lässige Dialoge sagen und vermeidet es, Schlüsse zu ziehen.

Hot Tub Time Machine 2

Fritz Göttler: Was nun eigentlich mehr Spaß macht in Zeitreisefilmen, der Trip in die Zukunft oder in die Vergangenheit, das kann man an den beiden Hot Tub Time Machine-Filmen (Regie: Steve Pink) prüfen. Natürlich denkt man nun bei der Fortsetzung wehmütig an die wilden Achtziger des ersten Teils zurück und an John Cusack, der nicht mehr dabei ist - er wird ersetzt durch Adam Scott, der Cusacks Sohn spielt und sich bravourös schlägt. Das anarchische Potenzial ist so stark wie ehedem.

Käpt'n Säbelzahn und der Schatz von Lama Rama

Kathleen Hildebrand: Was sind denn das für Piraten? Käpt'n Säbelzahns Crew wohnt in einem aufgeräumten Hafenstädtchen und folgt bedingungslos einem pseudoaristokratischen Captain-Hook-Verschnitt ohne Hakenhand. Ein paar schöne Einfälle haben John Andreas Andersen und Lisa Marie Gamlem zwar in ihrem braven Kinderfilm. Aber von der großen Freiheit auf den Weltmeeren ist nichts zu spüren.

Der Knastcoach

Luise Checchin: Der Banker James (Will Ferrell) sucht jemanden, der ihn für den Knast abhärtet. Da nach seiner Statistik ohnehin jeder dritte Schwarze dort landet, nimmt er einfach den erstbesten als Coach (Kevin Hart) - dumm nur, dass der sich als braver Familienvater herausstellt. Und so lässt Etan Cohen die beiden sich durch vorhersehbare aber muntere Klischees in Sachen afro-amerikanischer Kultur, respektive weißer Snobismus kalauern.

Der Letzte der Ungerechten

Fritz Göttler: Der Letzte der Ungerechten, das ist der Rabbiner Benjamin Murmelstein. Er hat als Rabbi in Wien mit dem gierigen Eichmann für Tausende von Juden die Rettung ausgehandelt, war im Nazi-Vorzeigelager Theresienstadt bei Prag der letzte Judenälteste und hat den Holocaust überlebt. 1975 hat Claude Lanzmann ihn in Rom aufgesucht, das Gespräch mit ihm aber nicht in sein großes Werk "Shoah" aufgenommen. Nun hat er Murmelstein einen eigenen Film gewidmet, ist dafür, weit in den Achtzigern, noch mal an die Schauplätze gefahren. Ein müder, aber ungebrochener Recke, der Murmelstein wie einen Kameraden behandelt und vor dem Vorwurf der Kollaboration in Schutz nimmt. Ein gelassenes Werk zwischen Horror und Heiterkeit, das Zurückschauen kann auch schädlich sein, sagt Murmelstein und erinnert an das Schicksal von Orpheus und Eurydike.

Papusza - Die Poetin der Roma

Rainer Gansera: Wie ein Heiligenbildchen, ehrfurchtsvoll und operettenhaft, mit holzschnittartigen Schwarz-Weiß-Bildern, formen J oanna Kos und Krzysztof Krauze das Portrait der polnischen Roma-Dichterin Papusza (1910-1987). Als Kontrast zur mörderischen Epoche - Krieg, Verfolgung, Zwangsansiedlung - die Entdeckung der Poesie. Historie und Poesie bleiben jedoch dekorative Kulisse, vor der Papusza als Schatten vorüberhuscht.

Das Versprechen eines Lebens

(siehe Kritik)

Der Wald ist wie die Berge

Rainer Gansera: Bei Dokumentarfilmen entspringt die Überzeugungskraft der Balance von Nähe und Distanz. Christiane Schmidt und Didier Guillain sind der rumänischen Roma-Gemeinde, die sie begleiten, nahe wie gute Verwandte. Sie blättern deren Alltag als herziges Familienalbum auf. Quasi ein Homevideo. Die spannende Frage nach dem Verhältnis zur lokalen rumänischen Bevölkerung wird leider nur kurz angedeutet.

What the Fuck heißt hier Redirected?

Annett Scheffel: Im Osten nichts Neues - zumindest in Emilis Velyvis' Gangsterkomödie. Zwar versucht er, Figuren, Motive und schwarzen Humor um die richtigen Vorbilder zu scharen: Guy Ritchie oder Quentin Tarantino. Die bemüht-bizarre Story um vier in Litauen gestrandete Londoner Möchtegerngangster fährt er aber zwischen Balalaika-Folklore und Geballer buchstäblich in den Dreck seiner osteuropäischen Korruptions- und Plumpsklo-Vorurteile.

Die Widerständigen "also machen wir das weiter . . ."

Karoline Meta Beisel: "Die Weiße Rose" für Fortgeschrittene: In der öffentlichen Wahrnehmung ist die NS-Widerstandsbewegung untrennbar mit den Geschwistern Scholl und München verbunden. Die Flugblätter animierten aber auch anderswo Studenten zum Widerstand. Der Dokumentarfilm von Katrin Seybold und Ulla Stöckl versammelt Zeitzeugen und lässt sie wenig bekannte Geschichten erzählen.

© SZ vom 07.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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