Jazz:Aus eigenem Anbau

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Trotz der niedlichen Tatzenpuschen macht Natalia Mateo keinen kuscheligen Pop-Jazz. "Heart of Darkness" heißt ihr Debüt-Album. (Foto: Grosse Geldermann)

Das Label Act feiert das zehnjährige Bestehen der Reihe "Young German Jazz" mit Natalia Mateo, Tobias Christl und den Brüdern Roman und Julian Wasserfuhr

Von Oliver Hochkeppel

Im europäischen Vergleich zu Skandinavien, Frankreich, der Schweiz oder auch Polen ist Deutschland ein Jazz-Nachzügler. Während dort die heimischen Szenen wie der akademische Nachwuchs seit langem gezielt gefördert wurden, hat dies hierzulande erst vor gut 20 Jahren eingesetzt. Seitdem allerdings mit Macht, wie allein die fast zwei Dutzend Jazzabteilungen der Musikhochschulen belegen. Auch die hiesige Plattenindustrie hat mit einiger Verspätung das inzwischen beachtliche Reservoir exzellenter junger deutscher Jazzer angezapft. Beim Kölner Double-Moon-Label veröffentlicht demnächst mit Yara Linss der 60. Nachwuchskünstler in der seit 2004 gemeinsam mit der Zeitschrift Jazz Thing gestarteten Reihe "Next Generation". Platzhirsch ist freilich die "Young German Jazz"-Reihe des Münchner ACT-Labels.

Bis dahin vor allem im Ausland, insbesondere in Schweden auf der Suche nach "jungen Talenten, bei denen sich erkennbar eine Persönlichkeit herausschält", fündig geworden, war dessen Chef Siggi Loch 2005 vom Demo einer deutschen Band so begeistert, dass er "Young German Jazz" als Label-Serie ins Leben rief. Es war das Trio Em mit Michael Wollny, der es jetzt zum Aushängschild des deutschen Jazz geschafft hat. In kleinerem Maßstab haben sich auch andere Künstler wie Matthias Schriefl oder Torsten Goods dank dieser Reihe etabliert - davon kann man sich nun in der Unterfahrt überzeugen, wenn mehrere Talente bei einer "Act Young German Jazz Night", einem Jubiläumskonzert zum Zehnjährigen, eine aktuelle Visitenkarte der Reihe abgeben.

Frontfrau des Abends ist die Sängerin Natalia Mateo, die zwar polnische Wurzeln hat, aber in Österreich aufgewachsen ist und seit einigen Jahren in Deutschland lebt. Ihr Act-Debüt "Heart of Darkness" ist weit entfernt von gängigem Kuschel-Popjazz, ihr Programm aus ausgewählten Cover-Songs von Billie Holiday bis Tom Waits setzt auf ungewöhnliche Phrasierungen und Lautmalereien, auf überraschende Stimmungswechsel und eine enge Einbindung in die Band. Von der sind Gitarrist Dany Ahmadi und Bassist Benjamin Garcia - beide aus der Jazzkaderschmiede Osnabrück - mit dabei. Mateos männliches Pendent ist Tobias Christl. Der in Köln lebende Oberbayer hat sich seit 2011 bei Klangbezirk, Herbe Sahne, Mats-up oder dem Klaeng-Kollektiv, vor allem aber mit seinem eigenen Cover-Projekt "Wildern" als eines der größten Talente positioniert.

Komplettiert wird das Line-up von Young-German-Jazz-Künstlern der ersten Stunde: den Brüdern Roman und Julian Wasserfuhr. Die haben mit ihren perfekt die klassische Jazzgeschichte vom Bebop bis zum Cool aufnehmenden Kompositionen schon ihre eigene Erfolgsgeschichte geschrieben. Was auch vom Schlagzeuger Oliver Rehmann zu erwarten ist, den sie mitbringen.

J ubiläumskonzert Young German Jazz, Sa., 17. Oktober, 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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