Hörenswert:Hier klingt das Wir

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"Aufwind", ein Album der Fraunhofer Saitenmusik

Von Karl Forster

Lange bevor das Wort Weltmusik sozusagen das Licht der Welt erblickte, hat sich ein Quartett von Saitenspezialisten in München zusammengefunden, um Kammermusik aus aller Welt zu spielen und sich nach jenem Wirtshaus benannt, in dem es (immer noch) am liebsten und auch wohl am häufigsten auftritt: Fraunhofer Saitenmusik. Ganz im Stil dieses einmalig zeitlosen Orts im Herzen Münchens spielt man kleine Musiken aus allen, auch alten Zeiten, aus fast aller Herren Länder; leise, aber sehr kunstvoll; tänzerisch, doch ohne jene fatale Landlerseligkeit, die gerne als Tradition verkauft wird. Jeder Ton, jede Harmonie ist geprägt von der Liebe zur Musik, keiner spielt sich hier nach vorne, es ist das "Wir", das klingt.

Vor drei Jahren dann die Katastrophe aus wirklich heiterem Himmel. Heidi Zink, die so feinfühlige wie virtuose Hackbrettspielerin, verließ diese Welt. Richard Kurländer, Michael Klein und Gerhard Zink fehlte plötzlich nicht nur ein Viertel zur musikalischen Vollkommenheit, sondern vor allem ein Mensch, eine Freundin, eine Gattin. Doch die Musik siegte nach geraumer Zeit über die Trübsaal, in der Flötistin und Cellistin Michaela Schmid fanden die drei nicht nur Ersatz, sondern eine hoch musikantische Kombattantin. "Aufwind" heißt das Werk, mit dem diese Vier nun die Fraunhofer Saitenmusik in neue Höhen steigen lassen. Und man darf diesen Titel wohl schon als programmatisch verstehen. Traditionelles aus Irland, der Schweiz, Dänemark, Frankreich und Italien gibt es hier, dazu eine kleine Anleihe bei der seelenverwandten Gruppe Liederjan und eine fröhliche Kombination aus dem Allgäu und Mecklenburg-Vorpommern.

Eine CD voll luftiger Klangfeinheit, Musik eher zum Träumen als zum Tanzen, Solitäre aus dem Schatzkästchen der filigran leichten Kammermusik, vorgetragen mit der Bescheidenheit großer Musiker, denen der Gesamtklang wichtiger ist als die eigene Virtuosität. Die meisten Stücke hat wie immer Multiinstrumentalist Richard Kurländer saitenquartettgerecht gesetzt. Und genauso wie er sich selbst in den vielen Jahren Fraunhofer Saitenmusik kaum verändert hat, ist er auch hier Garant für die unverwechselbare Klangwelt dieses Quartetts, ein echter Primus inter pares, was übrigens auch für jedes der 14 Stücke gilt, man möcht' keines hervorheben, selbst wenn eines davon von Leopold Mozart stammt.

Fraunhofer Saitenmusik , "Aufwind" (Trikont)

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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