Großformat:Aussortiert vom Informationsbüro

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Der Künstler Jens Harder wurde eingeladen, Peking zu zeichnen - und fand sich in einer PR-Maschinerie wieder. Manche seiner Comics passten trotzdem nicht ins offizielle Bild.

Von Martina Knoben

Wie ein tollpatschiger Riese stapft der CCTV-Turm durch Peking. Das neue Sendezentrum des chinesischen Staatsfernsehens ist eines der spektakulärsten Bauwerke der Welt; der Berliner Comic-Zeichner Jens Harder hat dem Gebäude Beine gemacht, lässt es die traditionellen Hofhäuser und Hutong-Gassen in Peking zertrampeln.

Seine Zeichnung wirkt wie ein Sinnbild des modernen Chinas und seiner oft zerstörerischen Dynamik. Harders Auftraggeber, dem Informationsbüro der Volksregierung der Stadt Peking, hat sie allerdings nicht gefallen. Sie wurde aussortiert, so wie die anderen Arbeiten auf dieser Seite.

Zehn Zeichner, zehn Tage, (je) zehn Zeichnungen - das waren die Rahmenbedingungen des Projekts, für das Harder und neun andere Illustratoren aus dem Westen im Mai 2016 nach Peking kamen. Man wollte wissen, wie internationale Zeichner die Stadt sehen, ein Projekt zwischen Selbstvergewisserung und Propaganda: Vorgaben gab es nicht, am Ende allerdings eine Auslese. Nur die ausgewählten Arbeiten waren im Oktober 2016 in einer Ausstellung in Peking zu sehen.

Jens Harder machte mit, weil ihn China interessierte. Bekannt sind seine Evolutions-Comics "Alpha" und "Beta"; Städte aber hatte er schon vorher gern porträtiert. In Peking wurde das unerwartet schwierig: Von morgens bis abends seien sie durch die Stadt kutschiert worden, erzählt Harder, von einem Programmpunkt zum nächsten. "Wir hatten keine Luft zum Atmen, wir wurden eingesaugt von dieser Planung."

Einmal fand sich abends unter den Zeichnern spontan eine Gruppe zusammen, die zum Platz des Himmlischen Friedens spazieren wollte. "Es ging nicht", sagt Harder. "Stadtplanerisch war das so gestaltet, dass man nicht hinkam, irgendwann stand man zwangsläufig vor einem Zaun." Im Rahmen des offiziellen Programms gab es dann eine Führung dorthin, bei der die Zeichner überrascht feststellten, dass es dort wie bei einem Volksfest zuging - allerdings waren nur organisierte Gruppen auf dem Platz. So westlich Peking auf den ersten Blick auf Harder gewirkt hatte, so fremd ist ihm am Ende vieles geblieben. Vor allem hatte er den Eindruck, dass über allem "eine Art Folie" liegt: "Der Zwang, alles richtig zu machen."

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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