Filmstarts der Woche:Welche Kinofilme sich lohnen - und welche nicht

Sacha Baron Cohen spielt in "Alice im Wunderland" die Zeit, und das viel gnadenloser als vermutet. Und "Der Nachtmahr" gibt dem Selbstwertgefühl verwirrter Teenager Gestalt. Die Filmstarts der Woche.

Von den SZ-Kinokritikern

Alice im Wunderland - Hinter den Spiegeln

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(Foto: dpa)

Man denkt während James Bobins Film weniger an Lewis Carroll oder Tim Burton, der den ersten Teil gedreht hat, und auch nicht an Johnny Depp, der hinter seiner digitalen Maske kaum zu erkennen ist. Das Interessante am neuen Abenteuer von Alice ist die Zeit, gespielt von Sacha Baron Cohen. Die ist viel gnadenloser, als man das im digitalen Disneywunderland vermutet hätte.

Chamissos Schatten: Kapitel 3

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(Foto: Ulrike Ottinger)

Im letzten Teil von Ulrike Ottingers Beringsee-Reiseabenteuer treten wieder die Motive Scheitern/Katastrophe/Zerstörung hervor. Nach dem Wildnis-Exkurs nun die uniformierten Supermarktverkäuferinnen in der Stadt. Nach der freien Jagd die industrielle Fischverarbeitung. Bezwingend bleibt der Bilderzauber, in dem sich die Macht der Dinge offenbart: Wind, Welle, Hütte, Fels, Vulkan.

Ente gut

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(Foto: N/A)

Weil die alleinerziehende Mutter von Linh und Tien zurück nach Vietnam muss, bleiben die Mädchen allein zu Haus. Die elfjährige Linh trägt alle Verantwortung, sie hilft im Imbiss Lotusblüte und versucht, so unauffällig wie möglich zu leben. Denn: das Jugendamt darf nichts erfahren. Als die wilde Außenseiterin Pauline ins Leben der Schwestern stürmt, wird das immer schwieriger. Ein kluger und moderner Kinderfilm von Norbert Lechner aus einem ostdeutschen Plattenbau-Viertel, der ohne jedes Klischee vom ostdeutschen Plattenbau auskommt.

The Event

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(Foto: Grandfilm)

Am 19. August 1991 scheint kaum jemand zu wissen, ob Michail Gorbatschow noch lebt. Nur langsam wird klar, dass der Moskauer Augustputsch das politische Gefüge aus seinen Angeln heben wird. Sergei Loznitsas Film dokumentiert jene letzten Sowjet-Tage mit einem Schwarz-weiß-Porträt der Menschenmassen, ihrer Erstarrung und Bitterkeit. Ihr Pathos ist weniger zu sehen als zu hören - Tschaikowskis "Schwanensee"- Motiv führt als Untermalung tief in die russische Seele und den Fatalismus jener Tage.

Money Monster

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(Foto: dpa)

Dieser Thriller geht einen Schritt weiter als alle anderen Wall-Street-Filme der letzten Zeit. Die Verachtung für die Finanzwelt ist hier schon Voraussetzung. George Clooney spielt einen Fernsehmann, der windige Finanztipps gibt, und live von einem seiner Zuschauer als Geisel genommen wird. Retten kann ihn nur seine Produzentin, Julia Roberts, die die journalistische Ehre der Sendung wiederherstellt. Jodie Foster hat das spannend inszeniert, mit viel Gefühl dafür, dass in einer verrückt gewordenen Welt nur noch eine Stimme der Vernunft helfen kann. Hier sehen Sie eine Rezension im Video

Mein Praktikum in Kanada

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(Foto: Arsenal Filmverleih)

Ein großer Wahlkreis im nördlichen Kanada, ein unbedarfter Abgeordneter, und der Zufall, der diesem die entscheidende Stimme bei einer militärischen Entscheidung zuspielt: schon buhlt jede lokale Interessengruppe um ihn. Wobei Philippe Falardeau in seiner Politsatire dafür sorgt, dass alle sich genauso selbst wie gegenseitig verspotten, wenn es darum geht, ob und in welcher Form die Korruption am Ende gewinnt.

Der Nachtmahr

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(Foto: dpa)

Eines Nachts sitzt plötzlich dieses koboldartige Wesen vor dem Kühlschrank und nistet sich im Leben einer Berliner Abiturientin ein. Erst sieht nur sie es und wird für gestört gehalten, dann zeigt es sich auch dem Rest der Welt. Ein schöner, verträumter Film, jenseits üblicher Horrormuster: Regisseur Akiz alias Achim Bornhak ist auch Bildhauer, sein Horrorwesen hat er selbst entworfen. Es erinnert an eine Skulptur von Brancusi, ist eigentlich ganz lieb und gibt dem Selbstwertgefühl verwirrter Teenager eine Gestalt.

Outside the Box

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(Foto: Wild Bunch Germany)

Mit dem Bus in die Berge, Südtirol, farbenprächtige Wälder, Abgeschiedenheit. Aber es ist der Firmenbus, also keine Erholung, sondern Überlebenstest für Consultants. Hart werden, um zu überleben. Hier lernt man für die Führungsetage. Philip Koch, mit seinem Jugendknastfilm "Picco" 2010 zu Erfolg gekommen, macht nun in Satire. Die ruppige Stressinszenierung schlägt unerwartete Volten und auch ein paar erwartbare. Böse Ruppigkeit, eine Geiselnahme, scharfe Munition treibt die Topangestellten zu hektischen Problemlösungsversuchen. Kino als hyperrealistischer Persönlichkeitsstresstest.

Sing Street

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(Foto: Studiocanal)

Die tolle, junge Frau auf der Treppe gegenüber ist unerreichbar für den vierzehnjährigen Conor (Ferdia Walsh-Peelo). Als er ihr in großspuriger Verzweiflung eine Rolle im Musikvideo seiner nicht existierenden Band anbietet, muss er den Worten Taten folgen lassen. Nach dem New York-Abenteuer "Can A Song Save Your Life" kehrt John Carney ins heimatliche Dublin zurück. Zwischen nostalgischer Verklärung und selbstironischen Witz rekapituliert er die Achtzigerjahre seiner eigenen Jugend und zelebriert ein weiteres Mal bittersüße Lebensbewältigung durch Musik.

Sonita

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(Foto: dpa)

Sonita ist Afghanin, lebt als Flüchtling in Teheran - und rappt. Die Doku der Iranerin Rokhsareh Ghaem Maghami wirkt zuerst etwas beliebig, bis Sonitas Mutter das Mädchen zwangsverheiraten will und die Filmemacherin eingreift. Im Dokumentarfilm gilt das eigentlich als Todsünde, Sonita aber macht auch den Zuschauer zum Komplizen.

Urmila

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(Foto: Susan Gluth)

Mit sechs wurde Urmila als Haushaltssklavin nach Kathmandu verkauft, erst 12 Jahre später aus der Leibeigenschaft befreit. Bewegendes Portrait der jungen Frau aus Nepal, die im politischen Kampf gegen Menschenhandel aufblüht. Aus der intimen, freundschaftlichen Nähe, die Regisseurin Susan Gluth zu ihrer Heldin findet, entstehen faszinierende Momente existenzieller Wahrhaftigkeit.

Warcraft - The Beginning

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(Foto: dpa)

Was Sie schon immer über Orks wissen wollten, aber sich nicht zu fragen trauten: Duncan Jones, Regisseur der zwei ausgezeichneten Science-Fiction-Filme "Moon" und "Source Code", verhebt sich mit dieser Adaption des Computerspiele-Bestsellers leider ordentlich. Menschen und Orks befinden sich im Krieg, doch noch schwerer als die Waffen wiegen die miserablen Dialoge, die sie sich in diesem Fantasy-Gehege an den Kopf werfen müssen.

The Wispering Star

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(Foto: Rapid Eye Movies)

Eine Androidin fliegt mit einem altmodisch eingerichteten Raumschiff-Haus durchs Weltall und liefert kleine Pakete aus. So liefert auch Sion Sono mit jedem neuen seiner Filme ein neues, einzigartiges Objekt: Die Außenaufnahmen stammen aus dem post-apokalyptischen Fukushima, die wunderbare Tonspur ist komplett nachsynchronisiert, die Dialoge werden nur geflüstert.

© SZ vom 25.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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