Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

"How to Party with Mom" setzt auf einen unlustigen Reigen aus College- und Mütter-Klischees. Dagegen ist "Am Ende ist man tot" eine kluge Gesellschaftssatire geworden.

Am Ende ist man tot

1 / 10
(Foto: Curious Collaborations 2018 / barnsteiner-film)

Eine zerrüttete Unternehmerfamilie, eine verschwundene Tochter und ein uneiniges Entführertrio stehen im Mittelpunkt von Daniel Lommatzsch Debütlangfilm. Hier kämpft jeder gegen jeden um Anerkennung und Macht, während die, denen sie qua Geburt zugefallen ist, um den Status quo ringen. Doch im Hintergrund zieht das böse Geld die Strippen, von dem wie immer alles abhängt, auch für die, die sich davon befreien wollen. Eine absurde Situation jagt die nächste, eine Gestalt ist kaputter als die andere. Beim Projekt mitgemacht hat übrigens fast das gesamte Thalia Theater. Und zwar umsonst. Aus diesem utopischen Moment ist eine kluge Gesellschaftssatire geworden, wie sie im deutschen Kino nur selten gelingt.

Candelaria - Ein kubanischer Sommer

2 / 10
(Foto: DCM)

Das Leben der Mittsiebziger Cadelaria und Victor Hugo ist wie das ruinösen Havanna: "Keiner bringt es in Ordnung, keiner bringt es zum Einstürzen." Mitte der 90er muss sich das Paar durch den Alltag schlagen, als sie durch eine gefundene Videokamera beginnen sich als Liebespaar wiederzuentdecken - und den Sex. Als Gesellschaftsporträt eines Landes in der Hochphase seiner wirtschaftlichen Depression überzeugt Jhonny Hendrix Hinestrozas Film weniger. Stattdessen erzählt er eine zarte Geschichte über das Altwerden mit der Liebe: ein bisschen wie "W++++olke 9" inmitten von kubanischen Farben und Musik.

The First Purge

3 / 10
(Foto: Annette Brown; Universal Pictures International France)

Im vierten Teil der Horrorthriller-Reihe "The Purge" legalisiert die US-Regierung wieder einmal sämtliche Straftaten für zwölf Stunden. In Gerrard McMurrays Variation schickt sie jedoch Söldner in Ku-Klux-Klan-Kutten nach Staten Island, um die mehrheitlich nichtweiße Bevölkerung auszulöschen. Die Bewohner halten mit Gebeten und Handgranaten dagegen. Für Freunde von Selbstermächtigungen und CGI-Blut.

Die Frau, die vorausgeht

4 / 10
(Foto: Richard Foreman, Jr. SMPSP/)

Eine romantische Erzählung vom Ende der Sioux-Indianer. Jessica Chastain spielt darin die Malerin Catherine Weldon, die 1889 von New York nach North Dakota reiste, um den berühmten Häuptling Sitting Bull zu porträtieren. Aus der zunächst naiven Künstlerin wird eine Aktivistin, als sie die Verhältnisse im Indianerreservat sieht. Der Film von Susanna White beruht auf historischen Ereignissen, deutet die Zusammenhänge zwischen Politik und Privatem aber freizügig um. Ein großartig gespielter und fotografierter Film, der da am besten ist, wo er brutal (ehrlich) ist - dessen guter Wille der Botschaft vom Selbstbestimmungs- - und Repräsentationsrecht! der Indianer allerdings manchmal im Weg steht.

How to Party with Mom

5 / 10
(Foto: dpa)

Es ist schon von besonderer Tragik, dass ausgerechnet ihr eigener Ehemann, der Regisseur Ben Falcone, nun schon zum dritten Mal Melissa McCarthys großes komödiantisches Talent in einem gemeinsamen Film verschwendet. Aus der Geschichte von Hausfrau Deanna, die sich - von ihrem Mann verlassen - an der Uni ihrer Tochter einschreibt, um endlich ihr einst abgebrochenes Studium abzuschließen, wird so ein ziemlich unlustiger, harmlos-süßlicher Reigen aus College- und Mütter-Klischees.

Liebe bringt alles ins Rollen

6 / 10
(Foto: dpa)

Die Schlagzahl französischer Komödien, in denen Vorurteile aufs Korn genommen werden, nährt das Vorurteil, dass die Franzosen verdammt viele Vorurteile haben. Diese Variante von und mit Franck Dubosc über Behinderungen und barrierefreie Liebe bestätigt zumindest, dass Chauvinismus auch im Rollstuhl geht. Trotzdem hat der Film seine Momente. Etwa, wenn der wohlsituierte Don Juan im Elektro-Rollstuhl bei einer Eroberung den Rückwärtsgang aus dem Schlafzimmer einlegt, mit Schulterblick.

Marvin

7 / 10
(Foto: Salzgeber & Co. Medien GmbH)

Inspiriert von Édouard Louis' autobiographischem Bestseller "Das Ende von Eddy" erzählt Anne Fontaine die Geschichte von Marvin (Finnegan Oldfield), einem homosexuellen jungen Mann aus dem Arbeitermilieu, der sich schließlich in Paris als Schauspieler neu erfindet, aber seiner sozialen Herkunft doch nicht entfliehen kann. Eine Spannung, die sich als solider Motor erweist, für Marvin, für den Film.

Out of Rosenheim (WA)

8 / 10
(Foto: Tamasa Distribution)

Eine gestrandete Touristin bringt Leben in eine halbtote Highway-Raststätte: Im Jahr 1987 setzte Percy Adlon Marianne Sägebrecht in das Amerika der Trucker und Motels und versuchte, dieser Kombination die größtmögliche Exotik abzugewinnen. Sie erklärt bayrische Garderobe und kann ein paar Zaubertricks, das schenkte der Story ein bisschen Inhalt und dem Film viel Erfolg. Jetzt kommt er noch einmal ins Kino, warum auch immer.

Time Trial

9 / 10
(Foto: mindjazz pictures)

Die Einsamkeit des Langstreckenradlers: David Millar aus Schottland ist eine der schillernden Figuren des Sports. 2000 kam er zur Tour de France, holte sich das Gelbe Trikot beim Einzelzeitfahren. Zwölf Touren hat er insgesamt absolviert: I love hurting myself. 2004 wurde er des Dopings überführt. Zwei Jahre war er gesperrt, engagierte sich für eine saubere Tour, 2014 hörte er auf mit dem Radsport. Finlay Pretsell folgt David Millar in gedrängten Radlerpulks, über Landstraßen und Berge, manchmal regennass, und in die dunkle Verzweiflung, manchmal psychedelisch, über sein verbocktes Leben. Auch: in seine Träume. Wenn die Radler dicht an dicht übers Land ziehen, dann brummt das wie eine Maschine.

Zentralflughafen THF

10 / 10
(Foto: Juan Sarmiento G.)

Die Weite des Ortes im Kontrast zur Enge der Aussichten für die Flüchtlinge. Die monumentale Architektur im Kontrast zum Provisorium der Unterkunftswaben im Auffanglager. Ein Jahr lang hat der brasilianisch-algerische Regisseur Karim Aïnouz die Abläufe auf dem Gelände des Flughafens Tempelhof begleitet. Draußen quirliges Freizeitvergnügen für Berliner, drinnen zermürbendes Warten auf den Asylbescheid, gesehen mit den Augen des 18jährigen Syrers Ibrahim, der den erlösenden Behördenbrief nach 13 Monaten bekommt. Ein Film über die Realität der Flüchtlingskrise, der gerade durch die ruhige Sachlichkeit des Blicks so berührend wird.

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