Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Das Drama "The Happy Prince" über die letzten Jahre von Oscar Wilde gerät sehr kostümfilmig. "In den Gängen" findet hingegen eine stille Schönheit in den stinknormalen Routinen eines Leipziger Großmarktes.

Euphoria

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(Foto: dpa)

Ines hat ihre Schwester seit Jahren nicht gesehen - bis Emilie sie zu einem luxuriösen Trip nach Europa einlädt. Worum es dabei eigentlich geht, erfährt Ines erst am Check-in des hotelähnlichen Luxusresorts, in dem Emilie ihre letzten Tage verbringen will. Sie hat Krebs, und ist in die Schweiz gereist, um dort zu sterben. Der erste englischsprachige Film der schwedischen Regisseurin Lisa Langseth ist mit Alicia Vikander, Eva Green und Charlotte Rampling sehr gut besetzt, in seinen Konflikten aber auch sehr vorhersehbar. Dafür, dass das Thema eigentlich Raum für allerlei Emotionen ließe, lässt der Film den Zuschauer erstaunlich kalt.

The Happy Prince

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(Foto: Concorde)

Der britische Schriftsteller Oscar Wilde wurde, wie viele andere, erst 2017 rehabilitiert, das heißt, vom "Verbrechen" der Homosexualität freigesprochen. Rupert Everetts Drama befasst sich mit den letzten Jahren des Autors nach dessen Entlassung aus der Haft und bis zu seinem frühen Tod. Das Ganze ist leider sehr kostümfilmig geraten, weniger Streicher und Pathos hätten der Sache gutgetan - denn das Thema ist bis heute spannend und hätte tatsächlich einen guten Film verdient.

In den Gängen

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(Foto: Zorro)

Gleich zu Beginn, wenn Thomas Stuber den wortkargen Gabelstaplerfahrer Christian (Franz Rogowski) zum Donauwalzer durch die labyrinthischen Gänge schweben lässt, ahnt man: Das Kubrick-Zitat ist keine Anmaßung. Hier sucht (und findet) einer in den stinknormalen Routinen eines Leipziger Großmarktes eine stille Schönheit. Zärtlich ist der Blick, mit dem sich Stuber durch die neonbeschienene Konsumtristesse bewegt und von Solidarität, Einsamkeit und der aufkeimenden Liebe zwischen Getränke-Christian und Süßwaren-Marion (Sandra Hüller) erzählt. Aus einem seelenlosen Arbeitsalltag schält er die Menschlichkeit hervor.

Ein Leben

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(Foto: Film Kino Text)

Großbürgerliches Alltagsleben in der Provinz im 19. Jahrhundert, einen breiten Raum nimmt darin das Garteln ein. Männer verführen, Frauen schlagen sich lieber allein durch. Ein Sohn schröpft schamlos seine Mutter, mit immer neuen fehlschlagenden Projekten und Schulden, die es zu begleichen gilt. Vielfältig muss die Liebe sein im Leben einer Frau ... Die Vorlage ist ein Roman von Guy de Maupassant, Judith Chemla und Nina Meurisse sind großartig als Frauenpaar. Nach drei männlichen Melodramen mit Vincent Lindon in den Hauptrollen schlägt Stéphane Brizé eine neue Seite auf in seinem Werk.

Luis und die Aliens

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(Foto: Ulysses Films, Fabrique d'Images and A.Fim Production)

Teleshopping funktioniert, wenigstens im Weltraum: Die drei Gestaltwandler-Aliens Mog, Nag und Wabo haben nämlich im Fernsehen eine Massagematte gesehen, die sie jetzt mit allen Mitteln auftreiben wollen. Bei ihrer Suche treffen sie auf der Erde den elf Jahre alten Luis, der eine Menge Probleme hat. Sein Vater ist Verschwörungstheoretiker, der fiese Nachbarsjunge Marlon drangsaliert ihn auf dem Pausenhof, und die coole Jennifer traut er sich nicht anzusprechen. Diese Probleme lösen die Aliens zwar nicht, aber sie machen sie wenigstens lustiger. Die Regiebrüder Christoph und Wolfgang Lauenstein gewannen mit ihrem existenzialistischen Kurzfilm "Balance" vor fast 30 Jahren einen Oscar, dieser neue Animationsfilm in Spielfilmlänge ist jetzt ganz auf eine sehr junge Zielgruppe zugeschnitten. Deshalb verwundert es etwas, dass die knuffigen Aliens von dem vielen Spülmittel, das sie so gerne trinken, nicht mal ein bisschen Bauchweh bekommen.

Onkel Wanja

Einst lebten die Bauern in Schulden, dieser Film überträgt die schwelende Endzeitstimmung um Herrschaftsverhältnisse und Leibeigenschaft auf das Diktat der modernen Finanzwelt. Tschechow im Hier und Jetzt. Ein Banknotfallplan treibt Alexander (Wolfgang Hübsch) auf das Gut von Onkel Wanja (Martin Butzke), wo über Stadt und Land, Tun und Nichtstun, Liebe und Zerstörung der Natur diskutiert wird. Mit ihrer kunstvollen Literaturadaption erzählt die Wiener Regisseurin Anna Martinetz ("Fräulein Else") den zweiten Teil ihrer Trilogie zum Thema Geld. Sie ist eine Meisterin des Transfers, arbeitet mit dokumentarischen Elementen und einem eingespielten Ensemble um Korinna Krauss. Der Film ist toll. Sofern man bereit ist, sich auf die fordernde Kunst einzulassen.

Solo: A Star Wars Story

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(Foto: epd)

Ein Actionfilm über die Abenteuer des jungen Han Solo im "Star Wars"-Universum und wie er seinen Freund Chewbacca kennenlernt. Ron Howard wurde für dieses Projekt als Notregisseur verpflichtet, nachdem die ursprünglichen Regisseure Phil Lord und Chris Miller aufgrund kreativer Differenzen mitten in den Dreharbeiten vom Disney-Studio gefeuert wurden. Das Ergebnis dieses Theaters: ein fader Blockbuster vom Fließband.

Sympathisanten - Unser deutscher Herbst

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(Foto: NFP marketing & distribution)

Felix Moeller ist Filmemacher, Historiker und Sohn der Regisseurin Margarethe von Trotta, sein Stiefvater ist Volker Schlöndorff. Diesen sehr persönlichen Zugang nutzt er für seine Dokumentation über den Deutschen Herbst. Er lässt seine Mutter aus ihren Tagebüchern lesen und Schlöndorff von den Jahren des RAF-Terrors erzählen, als sie und andere linke Intellektuelle unter dem Generalverdacht der Unterstützung von Terroristen standen. Ein ruhiger, nachdenklicher Film über den schmalen Grat zwischen Idealismus, Propaganda und Mord.

Taste of Cement

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(Foto: Camino Filmverleih)

Die Schönheit eines dramatischen Handwerks (Wolkenkratzerbauen in schwindelerregender Höhe) trifft hier auf die Schönheit eines Ortes (die azurblaue Bucht von Beirut). Schon das würde Ziad Kalthoums Doku-Essay preiswürdig machen, aber da ist mehr. Die Arbeiter sind Syrer und werden wie Gefangene gehalten, sie bauen die Zukunft, während der Krieg in der Heimat ihre eigenen Häuser und Familien zerstört. Die Erinnerungen des syrischen Regisseurs wiederum beschwören den eigenen Vater, der auch schon im Libanon geschuftet hat. Stimmungsvoll und stark.

Wunder der Wirklichkeit

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(Foto: Real Fiction)

Thomas Frickel porträtiert den durchgeknallten hessischen Filmemacher Martin Kirchberger, Meister skurriler Mockumentaries, der 1991 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Schöne und persönliche Geschichte über einen Freund, der starb, und über andere Freunde, die gealtert sind. Über allem schwebt eine milde Nostalgie. Aber was soll's: "Vielleicht war alles umsonst, aber wir hatten ein gutes Gefühl."

© SZ vom 24. Mai 2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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