Film:Christopher Plummer

Lesezeit: 1 min

Er sprang ein, als Kevin Spacey aus dem Film "Alles Geld der Welt" herausgeschnitten wurde - und erwies sich als Idealbesetzung.

Von Philipp Bovermann

Alte, weiße Männer haben zurzeit keinen guten Stand im öffentlichen Ansehen. Grund zum Mitleid ist das nicht, sie haben es sich schließlich selbst eingebrockt, durch rücksichtslose und kriminelle, allzu lange unbestrafte Machtmenschen in ihren Reihen. Diese Woche allerdings ist Ridley Scotts Thriller "Alles Geld der Welt" in den Kinos gestartet, bei dem trotz hervorragender Leistungen aller Beteiligten wieder mal ein sehr alter Mann ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt - und alle sind begeistert.

Der 88-jährige Kanadier Christopher Plummer spielt den Milliardär J. Paul Getty, der auf seinem sagenhaften Ölvermögen sitzt und keinen Cent abgeben will - nicht einmal, als sein Enkel der italienischen 'Ndrangheta in die Hände fällt, die ihren Lösegeldforderungen mit einem abgeschnittenen Ohr Nachdruck verleiht. Eine wahre Geschichte über unvorstellbaren Geiz.

Plummer ist die Nachbesetzung für Kevin Spacey, der wegen Missbrauchsvorwürfen aus dem bereits abgedrehten Film herausgeschnitten wurde - aber eigentlich, gestand Ridley Scott hinterher, war er immer die erste Wahl, die nur dem Studio zunächst nicht passte. An nur neun Drehtagen, quasi ohne Vorbereitungszeit, hat Plummer die Szenen seiner rätselhaften Figur eingespielt - wunderbar salamanderhaft. Für diese Leistung mischt er jetzt auch im Oscar-Rennen als bester Schauspieler mit, als bisher ältester Nominierte in dieser Kategorie überhaupt.

Hinter dem Respekt für so viel handwerkliche Souveränität liegt aber noch eine andere Ebene, die mit dem zu tun hat, was Plummer auf der Leinwand und als Mensch ausstrahlt. Anders als die fleischigen Bullies, die sich den Platz ganz vorne an der Sonne erboxen, zeichnet ihn eine aus der Tiefe gewärmte Sprödigkeit aus. Er trägt Seidenhalstücher und spricht mit einer Stimme, die aus einem unsichtbaren Hintergrund zu strömen scheint. In Interviews erzählt er von seiner Zeit am Broadway, als sie einmal einen Polizisten in eine Bar einluden - samt dessen Pferd, das sie dann mühsam wieder ausrangieren mussten. Wir wissen nicht, was für ein Mensch Plummer wirklich ist. Aber wir wissen, dass wir uns nach besseren alten, weißen Männern sehnen. Nach Gentlemen.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: