Festival:Gelungener Auftakt

Lesezeit: 2 min

Manic Street Parade bereichert das Schlachthofviertel mit Musik auf vier Bühnen

Von Dirk Wagner, München

Eine Art Reeperbahnfestival in München zu verorten, wie es die Veranstalter der "Manic Street Parade" im Schlachthofviertel planen, könnte schon daran scheitern, dass München keine Reeperbahn hat. Wobei in erster Linie nicht einmal die beeindruckende Aneinanderreihung von Live-Clubs im Hamburger Vergnügungsviertel die Isarmetropole aussticht, sondern vielmehr die erstaunliche Lärmunempfindlichkeit der Reeperbahn-Bewohner. In München dagegen gibt es Menschen, die in die unmittelbare Nachbarschaft eines für sein Live-Programm berühmtes Etablissement ziehen, um sich alsbald über den angeblichen Lärm zu beschweren. Darum dürfte der wesentliche Unterschied zum hanseatischen Vorbild nicht dessen über die Jahre gewachsene Größe sein, sondern die in München nur all zu häufig und auch dieses Mal geltende Auflage, dass das Konzertprogramm in zwei von vier Spielstätten schon um 22 Uhr beendet sein muss.

Trotzdem gelingt dem neuen Festival mit seinen Live-Bühnen im Strom, Substanz, Schlachthof und Pigalle eine großartige Belebung des Stadtviertels, von dem auch andere hier ansässige Gaststätten profitieren, in denen einige Festivalbesucher einkehren. Die meisten folgen allerdings den eigens auf den Gehwegen angebrachten Wegweisern von einem Club zum anderen, um möglichst viele der präsentierten internationalen Künstler zu erleben. Etwa den isländischen "Newcomer of the year", Mani Orasson, dessen Schlagzeuger sein Set um die Tanzstange der ehemaligen Striptease-Bar Pigalle drapiert hat. Atemberaubend schön gerät sein Auftritt, der im Pigalle auch raumakustisch einen so formvollendeten Wohlklang erfährt, dass man sich künftig mehr Konzerte in dem kleinen Club wünscht.

Der Bigband, die später die Münchner Rapperin Fiva im Schlachthof begleitet, hätte man freilich auch eine solche herausragende Akustik gewünscht, um einige ihrer Instrumente noch besser hervorzuheben. So gehen diese leider nur allzu sehr im orchestralen Sound der trotzdem spannenden Rap-Begleitung unter. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau angesichts der euphorisch gefeierten Show, die auf der Manic Street Parade noch dazu ihr Debüt feiert. Will man Fivas Moderation glauben, kam die Idee, sich von einer Bigband begleiten zu lassen, sogar eigens für dieses Festival auf. Dann erst dachte man über ein gemeinsames Album und eine Tournee nach, die nun in München startete.

Dass man lebendige Musik auch mit deutlich weniger Personal schaffen kann, wenn man nur die entsprechende Technik beherrscht, bewies später der Electronica-Künstler Christian Löffler im Strom. Auf jeden Fall hat der Auftakt von Manic Street Parade mit seiner räumlichen und musikalischen Vielfalt überzeugt. Auch ganz ohne Reeperbahn.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: