Fake News:Bullshitter im Parallelweltkrieg

Lesezeit: 2 min

Karoline Kuhla erklärt, wie Jugendliche gefälschte Nachrichten erkennen und was sie dagegen tun können.

Von Bernd Graff

Ein Begriff schillert, dabei ist absolut trübe, was er beschreibt: Fake News. Damit sind absichtsvoll in die Welt gesetzte Falschmeldungen gemeint, die den Leser gezielt täuschen sollen. Der Begriff Fake News entstand, um ein im Internet und dort in den sozialen Medien kursierendes Phänomen zu beschreiben. Denn Fake News sind erst einmal keine Nachrichten, die von klassischen Medien verbreitet werden, sondern von den Organisatoren und Betreibern von Webseiten, die in die Irre führen wollen, um die Aufmerksamkeit von arglosen Lesern zu gewinnen. Sei es, um sie über politische Fakten zu täuschen, sei es, um sie zu narren, sei es, um Geld damit zu verdienen, dass möglichst viele Nutzer Seiten mit reißerischen, Aufmerksamkeit heischenden Falschmeldungen aufsuchen und weiterverbreiten.

Fake News sind also ein Mittel der digitalen Propaganda, Waffen in einem von Medienguerillas geführten Parallelweltkrieg. Das war zumindest die Definition - bevor der amerikanische Präsident Donald Trump den auch gegen seine Form der Wahlkampfführung gerichteten Begriff okkupierte und gegen diejenigen klassischen Medien richtete, die nicht wohlwollend über seine Art der Amtsführung berichten.

Damit sind Fake News zu einem Kampfbegriff geworden, der Journalisten diskreditieren soll, der aber gleichzeitig Propagandamethoden und Manipulationen in politischen Auseinandersetzungen beschreibt. Mit anderen Worten: Es ist ein äußerst brennendes, aber auch äußerst schwieriges Unterfangen, diesen Begriff zu fassen - vor allem, wenn man ihn Jugendlichen näherbringen will.

Diesen Versuch unternimmt die ZeitJournalistin Karoline Kuhla. Und er gelingt ihr hervorragend.

Kuhla geht ganz systematisch vor, allerdings verengt sie die Erörterung auf das Metier der Journalistin, fragt also, was sich hinter "Lügenpresse", "ferngesteuerter und/oder gekaufter Presse" und dem Vertrauensverlust, den Medien erfahren haben, verbirgt. Sie habe sich gefragt: "Wie konnte es nur so weit kommen?" Darum analysiert sie zuerst die Vertrauenskrise, welche "die da oben" in der Regierungselite seit Jahrzehnten befeuern, eine Krise, die Empörung ausgelöst, aber auch zu Medienverdrossenheit geführt hat. Parallel dazu, das analysiert Kuhla zutreffend, entwickelte sich eine Öffentlichkeit im Netz, die auf klassische Medien verzichtet und sich in Erregungsblasen voller Gleichgesinnter/-frustrierter in ihrer Total-Empörung bestätigt und zu "Bullshittern" werden lässt, die gleichgültig der Frage gegenüberstehen, "wie die Dinge wirklich sind". In einer Art kleiner Medienkunde zeigt die Autorin dann auf, wie klassische Medien (dagegen) funktionieren und nach welchen Kriterien sie überhaupt veröffentlichen dürfen. Weitere Kapitel zeigen, was Politik, Medien, aber auch soziale Netzwerke im Kampf gegen Fake News tun (letztere: zu wenig). Darum ist ihr Fazit nicht nur gut begründet, sondern auch absolut berechtigt: "Ihr müsst euch als Nutzer eurer Verantwortung stellen." Und vor allem erst einmal kritisch sein.

Karoline Kuhla : Fake News. Carlsen Klartext. Carlsen, Hamburg 2017. 192 Seiten, 6,99 Euro.

© SZ vom 02.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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