Pop:Schlagersänger Gunter Gabriel ist tot

  • Der deutsche Country- und Schlagersänger Gunter Gabriel ist im Alter von 75 Jahren an den Folgen eines Sturzes gestorben.
  • Gabriel erlebte vor allem in den Siebzigern große Erfolge als Musiker, für seine Fans war er der "deutsche Johnny Cash".
  • Es folgte ein Absturz in den Achtzigern, Hits blieben aus, bei Immobilienspekulationen verlor er Millionen.
  • Gabriels Spätwerk der letzten Jahren, das vor allem aus Johnny-Cash-Hommagen und Coversongs bestand, wurde von der Kritik jedoch sehr positiv aufgenommen.

Der deutsche Country- und Schlagersänger Gunter Gabriel ist tot. Der 75-Jährige starb an den Folgen eines Sturzes, wie die Agentur des Musikers mitteilte. Nach diesem Unfall am Vorabend seines 75. Geburtstags habe Gabriel mehrfach operiert werden müssen, am Donnerstag sei er in einem Krankenhaus in Hannover gestorben.

Gabriel war in den siebziger Jahren mit Hits wie "Er ist ein Kerl (Der 30 Tonner Diesel)" oder "Hey Boss, ich brauch mehr Geld" bekannt geworden. Für seine Fans war er der "deutsche Johnny Cash", auf das Werk der US-Countrylegende hatte er sich gerade auch in den letzten Jahren im Studio und auf der Bühne konzentriert.

Gunter Gabriel wurde als Günter Caspelherr am 11. Juni 1942 in Bünde in Nordrhein-Westfalen geboren. Sein Vater Heinz war Schrankenwärter bei der Bahn. Seine Mutter Erika starb an den Folgen einer Abtreibung, als Gabriel vier Jahre alt war. Im Alter von elf Jahren hatte er einen schweren Verkehrsunfall, der ihn fast das Leben kostete. Insgesamt ein Jahr verbrachte er im Krankenhaus. Nach der Volksschule absolvierte Gabriel eine Lehre als Schlosser.

"Du musst geile Geschichten erzählen", sagte Gabriel einmal

Zur Musik brachte ihn - wie so viele Künstler seiner Generation - Elvis Presley und sein revolutionärer Rock 'n' Roll. Gabriels Stiefmutter schenkte im eine Gitarre, die der jugendliche Autodidakt zu spielen lernte. Mit der Zeit interessierte sich Gabriel mehr und mehr für Countrymusik. Aus einem simplen Grund: "Weil ich nicht mehr drauf hatte. Country ist ja eine Volksmusik. Ganz einfach, drei Akkorde - simpler geht's nicht", sagte der Sänger in einem Interview mit der Berliner Zeitung. "Aber das ist auch der Reiz dieses Genres. Da muss man dann entweder ein super Instrumentalist sein oder du musst geile Geschichten erzählen. Country passte eben auch hervorragend zu meiner Männlichkeit."

Gabriels Anspruch als Songschreiber war immer, nicht in das gemeine Schlagerfach abzudriften. Als Vorbilder für seine Arbeit sah er Kris Kristofferson, Bob Dylan oder eben Johnny Cash. 1973 veröffentlichte Gabriel die Single "Freiheit ist ein Abenteuer". Die deutschsprachige Version von Kristoffersons "Me and Bobby McGee" war sein erster großer Erfolg.

Lange lebte der Sänger auf einem Hausboot im Binnenhafen von Hamburg-Harburg und machte immer wieder Schlagzeilen jenseits der Musik: mit Alkoholabstürzen, Pleiten und gesundheitlichen Problemen. Gabriel pflegte sein Image als Fernfahrer-Idol, Malocher-Musiker und Stimme des "kleinen Mannes". "Ein bisschen Macho, ein bisschen Punk, ein bisschen Proll" - so sah er sich selbst.

Den Erfolgen in den Siebzigern folgte der Absturz in den Achtzigern: Neue Hits blieben aus, bei Immobiliengeschäften verspekulierte er sich und verlor Millionen. Alkohol, Affären und ein Leben auf der Autobahn - zwischenzeitlich war er auf der Straße zu Hause. "Immer woanders, fremde Betten, fremde Frauen - ich habe mich so durchgeschlagen. Nur die Mädels und der Whiskey konnten mich retten", sagte Gabriel einmal. "Aber der Witz ist: Im Nachhinein betrachtet war das meine schärfste Zeit."

Gabriel flüchtete in die Musik. Kunst war sein Überlebensmittel

Immer wieder kehrte der Musiker ins Rampenlicht zurück - und sei es nur für "Wohnzimmer-Konzerte": In einer TV-Show hatte der Sänger angeboten, bei seinen Fans für jeweils 1000 Euro Gage aufzutreten. Auf seinen Alben konzentrierte er sich zuletzt auf sein Vorbild Johnny Cash. Der war Gabriel über all die Jahre Idol und Freund. Für Hommage-Alben wie "Gabriel singt Cash - Das Tennessee-Projekt" (2003) und "Sohn aus dem Volk - German Recordings" (2009) erhielt Gabriel gute Kritiken.

In "Hello, I'm Johnny Cash" stand Gabriel dann selbst als Cash auf der Bühne. "Ich war mit dem Jungen 25 Jahre befreundet, Johnny Cash ist der Reichtum meines Lebens", sagte er. Später ließ Gabriel - das Gesicht von den Wettern des Lebens gegerbt, die Haare spärlich und wüst - auch sein eigenes Leben auf der Bühne Revue passieren, erzählte daraus in dem Programm "Ich, Gunter Gabriel". Über die Mutter, die er mit vier Jahren verlor, über den Vater, der ihn und seine Schwester wieder und wieder schlug. Er flüchtete in die Musik. Kunst sei Überlebensmittel für ihn geworden, erzählte er und rief den Zuschauern zu: "Kopf hoch, Brust raus, Bauch rein und weitermachen - immer weitermachen."

Was nach seinem Tod an ihn erinnern soll, hatte Gabriel sich auch schon überlegt: "Mein Denkmal sind meine Songs, ein paar werden ja überbleiben. Und das reicht doch auch."

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