Dokumentarfilm:Brennend heiß diskutierter Wüstensand

Lesezeit: 2 min

In "Borderland Blues" erforscht Gudrun Gruber das Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko. Viele der Menschen, die dort leben, wollen keine Mauer, sagt die Münchner Regisseurin

Von Anna Steinbauer

An einigen Stellen vermitteln die übermannshohen, dicht an dicht stehenden Metallstäbe das Gefühl einer unpassierbaren Grenze. Ein paar Kilometer weiter jedoch zieht sich lediglich ein einfacher Drahtzaun durch die hügelige Landschaft, der plötzlich abbricht oder um einen besonders großen Kaktus herumführt. Manchmal sind da auch einfach nur kniehohe Holzlatten, die überhaupt niemanden stören. Der Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko ist alles andere als einheitlich und unüberwindbar. Und fertig erst recht nicht. Er ist eines der meistdiskutierten und umstrittensten Bauvorhaben in den USA - seit Trump und seiner Forderung nach einer Mauer und mehr Grenzsicherheit erst recht.

Doch was ist das für ein Stück Land, das sich auf beiden Seiten der Grenze befindet? Wie leben die Menschen in diesen sogenannten Borderlands? Gerade diese sozialen Milieus in den Grenzgebieten interessierten die Filmemacherin Gudrun Gruber. Mit ihrem Kameramann Bernd Effenberger drehte die HFF-Studentin in der Sonora-Wüste in Arizona den Dokumentarfilm "Borderland Blues", der an diesem Donnerstag in die Kinos kommt. Der Film erzählt aus der Sicht der Wüstenbewohner von dem Leben am geografischen Rand der Vereinigten Staaten. Er begleitet Einheimische, NGOs und Paramilitär auf ihren Wegen durch das Grenzgebiet und gewährt Einblick in die weltweit größte Messe für Grenzsicherheitstechnik.

"Niemandsland" nennen die Anwohner im Film ihre Heimat. Vor allem in Gegenden wie der Sonora- Wüste birgt eine abgeriegelte Grenze Gefahren und Probleme - egal auf welcher Seite: illegale Einwanderer, Drogenschmuggler, Banditen aber auch Tausende Tote in der Wüste, Familien, die auseinandergerissen werden, inhumaner Umgang der staatlichen Border Patrol sind die Folgen. Ausgangspunkt für Grubers Recherchen war die Aussage eines Ranchers: "I go out with a shotgun in my hand and compassion in my heart". Dieser Widerspruch zeichnet die in der Grenzregion ansässigen Menschen aus. "Viele, die dort leben, finden den Zaun nicht gut und wollen auch keine Mauer. Egal wie rechts ihre politische Einstellung ist", sagt Gruber. Eben weil die Abriegelung nicht funktioniert und die Anwohner zu Versuchskaninchen der Grenzsicherheitstechnik werden, die die neuesten Kameras, Drohnen und Türme auf ihrem Land ausprobieren. Über Trumps Mauer-Forderung kann die 1984 in Leoben geborene Regisseurin nur lachen: "Ich halte es schon allein aufgrund der geografischen Lage für sehr fragwürdig, eine solche Mauer zu bauen", sagt Gruber. Obwohl sie Anfang 2015 drehte und Trumps Präsidentschaft noch weit entfernt lag, war sein Ruf nach einer Mauer gegen die Mexikaner bereits zu vernehmen. Die Regisseurin ist der Meinung, dass eine hermetische Abriegelung kontraproduktiv ist: "Das Schlimme an der Absperrung ist, dass die Leute durch die Wüste gehen, sich verirren und sterben. Und die, die durchkommen, können nicht mehr zu ihren Familien zurück." Im schlimmsten Fall werden dann kleine Kinder allein durch die Wüste geschickt.

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"Borderland Blues" versammelt neben eindrucksvollen Landschaftsaufnahmen ein Kaleidoskop an unterschiedlichen Positionen: Die beeindruckende Aktivistin Ophelia, die in einem Reservat lebt, durch das die Grenze verläuft und die sich im ständigen Kampf mit der Grenzkontrolle befindet. Der frustriertere Rancher, dessen Zäune Löcher haben und der unter der Dauerüberwachung der Grenzsicherheitskameras lebt. Die desillusionierte NGO-Mitarbeiterin, die Wasserkanister und Essen für die Migranten in der Wüste deponiert und Tim, der einer paramilitärischen Einheit angehört und auf eigene Faust an der Grenze patrouilliert.

Wichtig war der Regisseurin, auch die rechten Meinungen zu Wort kommen zu lassen, um sie den anderen gegenüberzustellen. Grenzdilemmata sind so brisant wie nie, nach vernünftigen Lösungen sucht man auch in Europa vergebens. "Man darf nicht vergessen, dass eine Grenze immer ein soziales Milieu auf beiden Seiten verbindet", so die Filmemacherin. "Eine gewisse Porosität ist daher wichtig, aber ebenso muss es eine Kontrolle geben. Die Frage ist nur, wie man das human umsetzt."

Borderland Blues , Regie: G. Gruber, OmU, Do. bis So., 18. bis 21. Mai, 20.30 Uhr, Mo., 18 Uhr, Werkstattkino, Fraunhoferstraße 9

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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