Bildband:Sattelfest

Lesezeit: 1 min

Jede Fotografie in dem Band "Black Cowboys" ist ein Gegenentwurf zu einer weiß dominierten Geschichtsschreibung, die dem einsamen Weißen ausschließliches Lassorecht einzuräumen pflegte.

Von Philipp Bovermann

Das Bild "Bullenreiter in Schwarz" zeigt einen Mann in Bedrängnis. Offensichtlich abgeworfen, weicht er vor dem anrennenden Bullen zurück. Der aufgewirbelte Sand der Arena, fotografisch im Flug festgehalten, bildet eine künstliche Aureole um ihn. Die Krempe seines Huts wirft einen Schatten auf den schmalen Streifen sichtbare Haut, wir vermuten darunter ein weißes Gesicht. Das typische Bild des Cowboys, im erhabenen Kampf mit dem Tier - es gehört dem weißen Mann, der die wilden Kreaturen bezwingt, um sie zu fangen, niederzuwerfen - und zu versklaven.

"Black Cowboys" heißt eine von zwölf Fotoserien, die noch bis zum 16. Mai in der Ausstellung "Verlagerungen" im Museum für Gegenwartskunst in Siegen zu sehen sind und zu der ein prächtiger Bildband entstanden ist. Die Fotografen Andrea Robbins und Max Becher dokumentieren darin die lebendige Tradition schwarzer Cowboy-Veranstaltungen, etwa beim Rodeo, bei Ausritten und in Porträts ( Black Cowboys. La Fabrica , Madrid 2016. 155 Seiten, 29,90 Euro). Jede Fotografie ist manifester Gegenentwurf zu einer weiß dominierten Geschichtsschreibung, die dem männlich einsamen weißen Protestanten ausschließliches Lassorecht einzuräumen pflegte.

Den Anfang des Bands bilden klassische Porträtaufnahmen von Afroamerikanern zu Pferd. Trotz der äußerlichen Ruhe wirkt es schon hier, als würde diese weiße Cowboytradition die schwarzen Reiter abzuwerfen versuchen - das Rodeo hat bereits begonnen, denn auch der ikonografisch dominante weiße Heros saß nie allzu fest im Sattel. Tatsächlich waren im 19. Jahrhundert etwa ein Drittel aller "Cowboys" Afroamerikaner. Der Begriff "Cowboy" stammt angeblich von den Sklavenplantagen, analog zu "Houseboy" oder "Fieldboy". Erst der Ausschluss aus den offiziellen Rodeo-Wettkämpfen und aus der Filmindustrie Hollywoods führte zur Verengung der geschichtlichen Fluchtlinien auf den weißen Revolverhelden.

Schon lange bevor Quentin Tarantino mit "Django Unchained" 2013 einen schwarzen Cowboy von den Ketten ließ, nahm Komödien-Regisseur Mel Brooks 1974 die schwerbewaffneten Männlichkeitsfantasien weißer Männer in Reiterhosen aufs Korn: In "Blazing Saddles" lässt er einen schwarzen Sheriff die Attrappe einer Westernstadt in die Luft jagen.

Auch dieser Bildband sprengt den Rahmen der weißen Geschichte des Cowboys, indem er sie als "Geschichte" im buchstäblichen Sinn - als ein Übereinander von Schichten erzählt, wie der traditionell verzierte lederne Beinschutz, den auch der "Bullenreiter in Schwarz" über seiner Jeans trägt. So kämpft der Cowboy in der Arena der Historie, schwarz im Gegenlicht. Hier ist es Licht für eine Kamera.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: