Bardo-Museum in Tunis:Kunststätte als Schauplatz des Schreckens

Lesezeit: 2 min

Auch Marmorstatuen, wie diese römische Venus, sind im Bardo-Museum zu sehen. (Foto: dpa)
  • Das Musée Nationale du Bardo, wo es zu einer Geiselnahme mit mehreren Toten kam, ist eines der bedeutendsten Museen Nordafrikas mit Hunderttausenden Besuchern jährlich.
  • Zu sehen sind römische, kathargische, arabische und byzantinische Kunstwerke, berühmt ist es für seine Mosaiken.
  • Das Museum vereint symbolträchtig die Geschichte Tunesiens durch Kunstobjekte verschiedener Zeitalter.

Von Carolin Gasteiger

Ältestes und größtes archäologisches Museum

Im Bardo-Museum, dort, wo am Mittwoch mehrere Menschen bei einer Geiselnahme ums Leben kamen, tummeln sich normalerweise geschichtsinteressierte Museumsbesucher.

Das Musée Nationale du Bardo ist das größte und älteste archäologische Museum Tunesiens und das bedeutendste Nordafrikas - neben dem Ägyptischen Museum von Kairo. Es liegt vier Kilometer westlich der Medina, in einem weißen Palast aus dem 19. Jahrhundert, dem früheren Palast des Bey (des Herrschers der Stadt). Benannt wurde es nach dem gleichnamigen Stadtteil. In der südlich anschließenden Palastanlage, quasi einem zweiten Palastgebäude, tagt das tunesische Nationalparlament. Auf dem Vorplatz zwischen diesen für das Land bedeutenden Gebäuden eröffneten mindestens zwei Täter an diesem Mittwoch das Feuer auf Sicherheitskräfte. Die anschließende Geiselnahme spielte sich im Nationalmuseum ab, einem für Tunesien symbolträchtigen Ort.

Tunesien
:Unbekannte attackierten Touristenattraktion in Tunis

Mindestens 19 Menschen sind bei einem Angriff auf das tunesische Parlament getötet worden. In dem Gebäude befindet sich auch das berühmte Bardo-Museum. Das tunesische Staatsfernsehen und Al-Dschasira berichten übereinstimmend, dass Sicherheitskräfte die Geiselnahme beendet haben.

Auf drei Stockwerken sind karthagische, römische, byzantinische und arabische Exponate zu sehen. Sie illustrieren die Geschichte und Kultur Tunesiens, aufgeteilt nach Epochen, in denen das Land von verschiedenen Herrschern besetzt war. Die Ausstellungsstücke reichen von der punisch-karthagischen Zeit über die frühchristliche bis zur islamischen Ära. Viele der Kunstwerke wurden bei archäologischen Ausgrabungen in antiken Stätten des Landes entdeckt und sind Relikte der verschiedenen Völker, die in Tunesien herrschten - und die das Land gemeinsam geprägt haben.

Bedeutende Mosaikensammlung

Berühmt ist das Bardo-Museum vor allem für seine außergewöhnliche Mosaikensammlung. Schon im Eingangsbereich empfängt die Besucher das Neptun-Mosaik von Sousse. Viele einzelne kleine Medaillons formen das 13 Meter hohe Wandbild, auf dem der Meeresgott aus den Fluten steigt. Zu den bekanntesten Mosaiken zählt das des Dichters Vergil, dem zwei Musen die Verse der Aeneis einflüstern. Auch ein aus Marmor geschlagenes Taufbecken aus dem sechsten Jahrhundert gehört zu den Ausstellungsstücken. Andere Mosaike, etwa aus der römischen Epoche, zieren den Fußboden. Touristen wandeln hier im wahrsten Sinne des Wortes über Tunesiens Geschichte.

Diese wollten die französischen Machthaber Ende des 19. Jahrhunderts bewahren, indem sie Kunstobjekte aus den verschiedenen Herrschaftsären im Alaoui-Museum sammelten. Als 1956 die Republik ausgerufen wurde, benannte man das Alaoui-Museum in Musée du Bardo um. Die Bestände und das Publikumsinteresse wuchsen gleichermaßen an, zwischenzeitlich besuchten rund 600.000 Menschen jährlich das Museum. Die Rundumerneuerung erfolgte 2009, die Eröffnung wurde aufgrund der politischen Umwälzungen auf 2012 verschoben. Auch auf Druck der Tourismusindustrie, einer der wichtigsten Einkommensquellen des Landes. Allein das Nationalmuseum besuchen jährlich Hunderttausende Besucher.

Mit mindestens 19 Toten zählt nun auch die Geiselnahme von Tunis zur Geschichte des Landes. Wenn auch zu einem sehr traurigen Part.

© SZ.de/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: