Ausstellung:Held aus dem Osten

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Wien erinnert mit einer detailreichen Schau an den polnischen König Jan Sobieski. Er war der Retter im Türkenkrieg, Kunstmäzen - und ein großer Liebender.

Von Rudolf Neumaier

Was wäre aus Wien geworden und aus dem Rest Europas, wenn die Türken am 12. September 1683 siegreich gewesen wären? An jenem Tag kam es zur entscheidenden Schlacht der Christen und der Osmanen. Hätte der Islam Mozart und Haydn beeinflusst oder Haydn und Mozart den Islam? Diese Fragen spart die Ausstellung im Winterpalais des Wiener Belvedere aus. Obwohl kleine Spekulationen nett gewesen wären.

In Wien wird an Jan Sobieski erinnert, den Helden jener Schlacht. Österreichische Kinder lernen seinen Namen in der Grundschule. Sobieski galt in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber der Christentruppen mal mehr, mal weniger als Retter und Befreier Wiens. Doch schon als polnischer König ist er spektakulär genug für eine Ausstellung.

Polens Könige waren keine Dynasten, sondern von einer Adelskaste gewählt. Sobieski, geboren im Jahr 1629 und auf dem Königsthron seit 1674, vereinte strategisches Geschick und Familiensinn mit dem Kunstanspruch westlicher Fürsten - und mit einer Spiritualität, die heute wohl als hochgradig esoterisch gelten würde. Wie sich die Franzosen auf die Gallier und die Holländer auf die Bataver beriefen, so sah sich die polnische Adelskaste als Nachfolger des kämpferischen Sarmaten-Volkes. Der Sarmatismus zeigte sich in der Kriegs- und Repräsentationsbekleidung ebenso wie in der Bartmode: Jan Sobieski trug jenen Schnauzer, der auch drei Jahrhunderte später (Zufall?) die Oberlippe eines gewissen Lech Wałęsa schmückte, und er ließ sich im sarmatischen Schuppenpanzer porträtieren und vor allem im so genannten Żupan.

Mit diesem langen Gewand hoben sich die polnischen Adeligen deutlich von ihren europäischen Kollegen ab. Und genau das wollten sie auch. Ihre Gastfreundlichkeit, schreibt der Warschauer Historiker Przemysław Mrozowski im lesenswerten Katalog, verflocht sich "mit einer Xenophobie, mit einem Unwillen allen aus dem Westen kommenden Ideen und Brauchtumsmustern gegenüber". Man muss fast damit rechnen, dass auch Jarosław Kaczyński den Żupan aus dem Fundus holt.

Der polnische Einsatz in Wien war keineswegs selbstverständlich. Es bedurfte päpstlicher Vermittlung: Innozenz XI. engagierte sich dabei nicht nur als Chefdiplomat, sondern auch als Kriegsfinanzier. Welcher Feldherr dann den größten Anteil hatte am Triumph des 12. September 1683, darüber diskutierten Kriegsanalytiker von Anfang an. In einem immerhin sind sich die meisten einig: Ohne die Unterstützung Sobieskis und seiner Polen wäre Wien verloren gewesen.

Dass die Ausstellung von einer Kunsthistorikerin, Maike Hohn, kuratiert ist, kommt zum Tragen. Sie leuchtet Sobieski großflächig aus: Im Kriegshelden steckte ein Kunstmäzen, der seine Maler nach Italien schickte und Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, nach Polen holte. Seine Frau, die Königin, liebte Sobieski sehr. Gleich nach der Wiener Schlacht schrieb er ihr. Es ist ein Kriegsbericht und ein Liebesbrief in einem.

Jan III. Sobieski. Ein polnischer König in Wien. Winterpalais, Wien. Bis 1. November. Infos: www.belvedere.at. Katalog (Hirmer-Verlag, 279 Seiten) 39,90 Euro.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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