Ausstellung:Der Überwältiger

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Wie Peter Paul Rubens in seinen barocken Meisterwerken seine künstlerischen Vorbilder zitiert hat, zeigt eine großartige Schau im Kunsthistorischen Museum Wien.

Von Gottfried Knapp

Schlüssiger hat sich noch selten eine Ausstellung in die Räumlichkeiten eines Museums eingefügt als die Rubens-Ausstellung in die Architektur des Kunsthistorischen Museums (KHM) in Wien. Wenn man in diesem Kunsttempel die zentrale Treppe hinaufschreitet, hat man ein Gebirge aus weißem Marmor im Blickfeld: die auf dem Treppenpodest thronende monumentale Skulptur "Theseus besiegt den Kentauren" von Antonio Canova. Nun hängt über dieser bombastischen Demonstration heldenhafter Gewalt ein riesiges Plakat. Es zeigt das Gemälde "Ecce Homo" von Rubens aus der Eremitage von St. Petersburg und lädt die Besucher nach oben in die Sonderausstellung "Rubens. Kraft der Verwandlung". Sieht man Christus, Theseus und den Kentauren zum ersten Mal übereinander, wird man noch keinen höheren Sinn in dieser Zusammenstellung vermuten. Kommt man aber aus der Ausstellung zurück, dann weiß man, dass Rubens den mit Striemen bedeckten nackten Oberkörper von Jesus verblüffend getreu nach einer Zeichnung modelliert hat, die er selbst in Rom von einer antiken Kentaurenskulptur gemacht hat. Der Schöpfer dieser Plastik hat dargestellt, wie der Knabe Cupido, auf dem Rücken des Kentauren sitzend, den Pferdemenschen, diesen Inbegriff der Zügellosigkeit, mit einem Griff in dessen wilde Haare bändigt. Eine Szene für Kenner zum Schmunzeln.

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