SZ-Werkstatt:Warten auf Lawinen

Dominik Prantl über seine durchaus schweißtreibenden Recherchen für das Buch Zwei über Lawinen.

Von Dominik Prantl

Darf man das? Darauf hoffen, dass Menschen in eine Lawine geraten, nur um eine gute Geschichte noch ein bisschen besser zu machen? Das war natürlich ein echtes moralisches Dilemma, das ich da mitnahm zum Flughafen Innsbruck. Dort sollte ich gemeinsam mit der Flugpolizei auf eine möglichst spektakuläre Lawinenrettung für eine Buch-ZweiReportage warten.

Und da saßen wir also: Hans Schlager, der Hubschrauberpilot, Franz Poppeller, der Polizeibergführer, und ich, der Journalist, und wir warteten. Draußen Sonne und Ferienstimmung und die besonders tückische Lawinengefahrenstufe drei, ein Tag wie geschaffen also für einen Einsatz. Drinnen wir und der große Flachbildschirm. Herr Schlager war sehr bald nur noch der Hans, den ich schnell ins Herz schloss.

Das war gut so, denn in der Folgewoche sollte ich mit Hans zwei weitere Feiertage in Wartestellung verbringen. Einmal aßen wir mittags scharfe Gulaschsuppe, bis mir der Schweiß fast von der Nase tropfte, und wenn es die Arbeit der Polizisten mal erlaubte, schauten der Hans, der Franz und ich Wintersport auf dem großen Flachbildschirm. Ich wurde daran erinnert, dass die Österreicher immer als ganze Nation zu Skirennen und Skispringen antreten, selbst wenn ihr Sportler ein "totaler Unsympath" ist. Ich lernte, dass Tiroler Polizisten selbst meist sehr sportliche Menschen sind. Und ich hörte von Hans' ehemaligen Kollegen, die im Einsatz am Berg starben.

Aber die erhoffte, befürchtete Lawine, die wollte einfach nicht abgehen während meines Dienstes. Ist ja auch besser so.

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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