SZ-Werkstatt:Kleberei für die Katz

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Arne Perras, 51, ist seit 18 Jahren im außenpolitischen Ressort der SZ tätig. Von 2006 bis 2012 berichtete er aus Afrika, danach wechselte er nach Singapur und bereist seither für Reportagen das südliche Asien. (Foto: privat)

Arne Perras, Korrespondent der SZ in Singapur, über die Verteilungskämpfe beim Treffen von Kim und Trump.

Ein Pressezentrum in Singapur ist nicht der Strand von Rimini. Dennoch ähneln sich die Reflexe, lebenswichtige Reviere abzustecken. Während Urlauber ihre berüchtigten Badetücher schon vor dem Frühstück ausrollen, werkeln Journalisten mit Papier, Textmarker und Tesafilm an Tischen herum, um sie mit möglichst haltbaren Markierungen zu versehen. Zu Klebebandkünstlern mutieren Reporter, wenn sie fürchten, dass in einem abgezirkelten Großraum, in dem sie über mehr oder weniger großartige Ereignisse schreiben sollen, der Platz nicht für alle reicht.

Denn wer möchte schon in seine Zentrale melden: "Sorry Chef, da war jetzt echt kein Platz." Solche Sätze kommen nicht gut, schon gar nicht, wenn ein Gipfeltreffen zwischen Kim Jong-un und Donald Trump näher rückt. Nun war es aber so, dass 4000 Journalisten erwartet wurden, im Pressezentrum aber nur 2000 Kollegen unterkommen sollten. Also klebten alle wie die Weltmeister: "Meins, meins, meins".

Ich machte es nicht anders und sicherte mir und dem SZ-Kollegen Christoph Giesen aus Peking klebenderweise zwei Plätze im "Pit Building", jenen Lagerhallen, die sonst für die Rennställe der Formel 1 reserviert sind. Diese Woche aber sollten sie als Base Camp für die Gipfel-Berichterstatter dienen. Zu zweit würden wir unser Revier mit Blick auf den Großbildschirm schon verteidigen, dachten wir. Aber falsch. Kaum ließ man den Platz über Nacht unbewacht, hatten sich am Morgen des 11. Juni koreanische Kollegen breitgemacht, SZ-Schildchen interessierten sie nicht die Bohne, sie pochten auf die Regel des Ministeriums, die lautete: "First come, first serve."

Mussten wir also für die Nacht vor dem Treffen die Schlafsäcke ausrollen? Zum Glück blieb uns dieses Gipfeltraining erspart, es musste auch niemand seine Nahkampffähigkeiten erproben. Am Ende reichte der Platz für alle, die akkreditiert waren. Und die ganze Kleberei war für die Katz.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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