SZ-Werkstatt:Hä? Panda?

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Kai Strittmatter, SZ-Korrespondent in Peking, schreibt Woche für Woche die Kolumne "Sack Reis". Verstanden wird er nicht immer. Aber was kann er dafür, wenn da dieser Panda sitzt?

Von Kai Strittmatter

Korrespondent sein: ein Traumjob. Man arbeitet allein, selbstbestimmt, weit weg von der Zentrale. Korrespondent sein in Peking: noch freier, noch weiter weg. (In Washington und Moskau ist's nicht ganz so lustig: Es tummeln sich in München eine ganze Menge USA- und Russlandexperten, die den Korrespondenten jeden Morgen mit vielen guten Ideen überrumpeln.) Noch freier als in Peking - in der Wahl der Themen, der Formen, in der Lizenz zum Experimentieren - geht es im Journalismus eigentlich nicht. Es sei denn, man ist Kolumnist. In der Kolumne darf man ungestraft Dinge tun, für die einen anderswo in der Zeitung sofort der Bannstrahl träfe. Zum Beispiel sprechende Pandas in die Zeitung setzen. Wenn's der Wahrheitsfindung dient, oder wenigstens der Unterhaltung.

Ich bin einst leichten Herzens aus München nach Peking gezogen, nur eines schmerzte mich: dass ein Korrespondent keine Streiflichter mehr schreiben kann. Weil er nicht mehr die Münchner Luft atmet, weil er herausgefallen ist aus dem täglich wechselnden Heimathimmel voller Anspielungen.

Deshalb war mir die Anfrage der Redaktion, aus der der "Sack Reis" erstand, ein Himmelsgeschenk. Endlich wieder blödeln und endlich wieder böse sein dürfen auf Streiflichtart. Endlich ein Gefäß für all die bunten, scharfen Splitter, die einem hier vor die Füße fallen. Endlich auch die kleinen Geschichten erzählen können. Auch die der Freunde und Nachbarn. Die, die einem für einen Moment den Mund offen stehen lassen. Ja, eine Qual ist es auch. Jeden Donnerstag Abgabe. Jeden. Und jeden Donnerstag Panikanfall. Jeden. Und verstanden wird man auch nicht immer. Chinesische Beamte beschweren sich über meine "Häme", und von meinen Eltern krieg ich von Samstag zu Samstag ratlosere E-Mails: "Hä? Panda?" Ja, ich weiß. Aber was kann ich denn dafür, wenn er da sitzt, auf meinem Sofa.

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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