Grinzing ist nicht Gaza, und nach Lage der Dinge sind die Menschen im Wiener Heurigen-Vorort dafür bestimmt dankbar. Im Vergleich zur nahöstlichen Konfliktregion, in der ich die vergangenen Jahre als Korrespondent gearbeitet habe, verspricht das neue Berichtsgebiet also gewisse Vorteile, und auch jenseits der Weinlokale dürften spannende Geschichten zu finden sein. Wenn es in Österreich ruhig ist, macht bestimmt Viktor Orbán in Ungarn ein Fass auf, und der Balkan ist sowieso ein Dauerbrennpunkt.
Wer als Korrespondent umzieht, der fängt ein neues Leben an - denn nicht nur das Land und das soziale Umfeld sind neu, sondern in gewisser Weise auch der Beruf. Natürlich geht es immer noch ums Schreiben, ums Berichten und Kommentieren. Doch alles auf dem alten Posten angehäufte Spezialwissen hilft jetzt wenig, die Erfahrung nutzt nur bedingt, und manchmal will mir partout noch nicht einfallen, wie der FPÖ-Klubobmann-Stellvertreter in der Steiermark heißt.
Zu meinem anfänglichen Leidwesen war auch in der Technik-Abteilung der SZ niemand zu finden, der mir meinen Nahost-Chip im Kopf gegen einen neuen Datenträger austauschen wollte. Aber in Wahrheit ist das gut so, denn als Journalist wird man ja von der Neugier angetrieben, und die ist anfangs grenzenlos.
Mit dieser Neugier bin ich dann also Anfang August von Israel nach Wien gezogen. Dort ist mir als Erstes am Donaukanal ein Lokal namens "Tel Aviv Beach" aufgefallen, und im 2. Bezirk bin ich - Zufälle gibt's - gleich in eine koschere Bäckerei gestolpert. Denn Heimweh habe ich schon auch. Mittlerweile aber kann ich bereits Tipps geben, wo man in Wien ein Schnitzel essen sollte und wo besser nicht. Und nächstes Wochenende fahre ich wieder mit der Straßenbahn nach Grinzing.