Puigdemont:Ausgerechnet in Deutschland

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Ist der frühere katalanische Premier Carles Puigdemont, der zurzeit in Neumünster in Haft sitzt, nun ein Krimineller, verantwortungslos, oder nur ein unbequemer, kritischer Politiker?

" Puigdemont in deutscher Haft" und " Wer hat das angeordnet?" vom 26. März:

Die anderen Katalanen

Mit dem Mythos der "politischen Gefangenen" übernimmt Thomas Urban hier die abstruse Terminologie der Separatisten in Katalonien. Ich lebe seit fast 20 Jahren in Spanien und kann Ihnen versichern, dass hier niemand für seine politischen Überzeugungen verhaftet wird. Vielleicht könnte die SZ auch mal über die 53 Prozent der katalanischen Wähler berichten, die bei den letzten Wahlen nicht separatistische Parteien gewählt haben, über Menschen, die daran glauben, dass die spanische Verfassung respektiert werden sollte. Andreas Martin, Barcelona/Spanien

Was steckt dahinter?

Carles Puigdemont ist kein Krimineller, der in ein deutsches Gefängnis einfahren sollte. Trotz EU-Haftbefehl. Er ist vielmehr und immer deutlicher ein nahezu verantwortungsloser Politiker, der ohne diese obskure separatistische Episode in Katalonien kaum in einer ausländischen Zeitung aufgetaucht wäre. Er stürzt eine wirtschaftlich gesunde Region in einem demokratischen Rechtsstaat zunächst in gewaltige Grabenkämpfe, geht, anstatt in Madrid zu verhandeln, ins rettende belgische Exil, und provoziert dann mit dieser unnötigen Reise die beteiligten Justizapparate, ihn zu verhaften. Ausgerechnet in Deutschland schnappt die Falle zu. Und schon gibt es wieder Straßenschlachten in Barcelona. Was steckt dahinter? Gregor Ortmeyer, Düsseldorf

Büttel fremder Interessen

Die Katalanen werden ihre Gründe haben, wenn sie nach mehr Unabhängigkeit von einer rigiden spanischen Zentralregierung streben. Aber wenn es diese Gründe geben sollte, dann sollte dies in einem kultivierten Europa eine Frage des politischen Interessenausgleichs sein, nicht von Kriminalisierung, von internationalem Haftbefehl und Kerker. Die deutsche Gerichtsbarkeit lässt sich zum Büttel fremder Interessen machen, wenn sie ihre Exekutive beflissentlich und unreflektiert zur Festnahme eines katalanischen Politikers anweist, der sich in unseren Nachbarländern frei und ungefährdet bewegen konnte, bis er deutschen Boden betrat. Dr. Horst A. Hoffmann, Kiel

Gefährlicher Konflikt

Mit der Verhaftung des früheren katalanischen Regierungschefs Puigdemont hat sich Deutschland nun mitten in einen gefährlichen politischen Konflikt katapultiert, der nur in Spanien gelöst werden kann. Was hat die deutsche Polizei nur dazu bewogen, Herrn Puigdemont zu verhaften? Nun kann man nur noch hoffen, dass sich die deutschen Behörden nicht zum Handlanger eines machtbesessenen spanischen Ministerpräsidenten Rajoy machen lassen, und eine Auslieferung verweigern. Denn es kann nicht sein, dass man die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen mit fragwürdigen Straftatbeständen zu lösen versucht und unbequeme, kritische Politiker einfach einsperren lässt. Thomas Henschke, Berlin

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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