Organspende:Schweren Herzens

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Die Zahl der Organspender ist auf einem Tiefstand. Deutschland profitiert von der Spendenbereitschaft der europäischen Nachbarn. Sollten wir ihre Regeln übernehmen oder sagen wir: Spenden? Wozu überhaupt?

"Tödliches Tief" vom 11. August:

Vom Widerspruch lernen

Als Ursache für den immer größer gewordenen Mangel an transplantierbaren Organen und den Tod auf der Warteliste benennt Christina Berndt verlorenes Vertrauen. Die Spenderzahlen in Deutschland waren aber auch vor den Skandalen der Datenfälschung schon beschämend niedrig, im internationalen Vergleich. Dabei ließe sich die Trendwende leicht einleiten, indem wir es erfolgreichen Ländern, wie Österreich oder Spanien, nachmachen. Ihr Erfolgsrezept ist die Widerspruchslösung. Jeder der nach seinem Tod keine Organe spenden will, hält das in einem ärztlich geführten Register fest und hat keine Nachteile, falls er oder sie später selbst einmal ein Organ benötigen sollte. Bloß hieße so eine Regelung, dass der Staat die Bürger zwänge, über ihren Tod nachzudenken. Und es könnte passieren, dass es ein Bürger versäumt, Widerspruch einzulegen, und er, obwohl er gegen die postmortale Organspende ist, nach dem Tod zu einer Organentnahme in Anspruch genommen wird. Beides gehe gar nicht, meint die Bundestagsmehrheit. Die Bundestagswahl gibt Gelegenheit, die örtlichen Kandidaten zu befragen, ob sie den Tod auf der Warteliste weiter hinnehmen oder sich für eine Änderung der Regeln einsetzen wollen.

Dr. Rigmar Osterkamp, Bichl

Ausreichend qualifiziert

Frau Berndt schreibt, dass das Vertrauen in die Ärzte schwindet. Menschen wollen Organe spenden, wenn es aber konkret wird, haben sie Angst, geschürt aus Skandalen. Analysieren wir: Herzklappenskandal? Freispruch des BGH. Schorndorf-Laborskandal? Freispruch. Transplantationsskandal? Freispruch. Zu allen Freisprüchen wurden gerade 36 Zeitungszeilen geschrieben. Sonst sind Entscheidungen des BGH immer Aufmacher. Rechtsprechung und Gerechtigkeit sind nicht das Gleiche. Aber drei Skandale und drei höchstrichterliche Freisprüche? Ich bin einer jener Verbrecher, die dieser Berufsgruppe angehören. Die am längsten auf ihren Studienplatz warten, die am längsten studieren, die hinterher ständig geprüft werden, die Fortbildungen an Wochenenden selbst bezahlen und mehr als 60 Stunden die Woche beim Heilungsprozess helfen (ich bin Chirurg). Leider stelle ich fest, dass Journalisten uns eines der wirksamsten, nebenwirkungsärmsten Medikamente berauben: des Vertrauens in das Wort des qualifizierten Arztes.

Dr. Frank Sinning, Nürnberg Ich habe jahrelang einen Organspenderausweis mit mir herumgetragen. Dann hat in kürzester Zeit der Fürst von Thurn und Taxis ohne Warteliste und trotz weitestgehender Aussichtslosigkeit kurz hintereinander gleich zwei Mal ein neues Herz bekommen. Natürlich aus bloßer medizinischer Notwendigkeit, ohne Ansehen der Person und ohne finanzielle "Anreize". Seitdem habe ich keinen Organspenderausweis mehr.

Bernhard Michelfeit, Kassel

Ohne Not

Wer schürt den Anspruch auf ein fremdes Organ? Alle, die sehr viel Geld damit verdienen. Alle Kliniken, die Nachschub für die Transplantationen brauchen. Lesen wir darüber, dass Organe nur von lebenden Menschen entnommen werden können? Und Hirntod ist nicht tot. Mehr Menschen sind informiert, sie kennen die mafiösen Zusammenhänge. Überhaupt, warum sollen Menschen, die auf ihre Gesundheit geachtet haben, an Menschen die das nicht getan haben, ihre Organe spenden? Ich will kein fremdes Organ von einem fremden Menschen.

Barbara Renz, Otterfing

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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