Lehrer:Beamtenstatus als Köder

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Sollen Lehrer streiken dürfen? Das Bundesverfassungsgericht will das in einigen Monaten entscheiden. Ein Leser, selbst lange Lehrer, erläutert hier das ihnen auferlegte Mäßigungsgebot. Ein anderer hinterfragt die Verbeamtung.

"Sonst gerät das ganze System ins Wanken" vom 18. Januar und "Wir sind mutiger geworden" vom 17. Januar zum Thema Streikrecht für Lehrer:

Die eigentliche Frage lautet nicht: Dürfen beamtete Lehrer streiken? Sondern: Warum leisten wir uns solche beamteten Lehrer überhaupt? Einen Luxus, den wir uns gar nicht leisten dürften? Denn es ist kein Nutzen für das Gemeinwohl erkennbar. Stattdessen gibt es neben den höheren laufenden Kosten für Beamte horrende Pensionsrückstellungen, die wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen.

Warum leisten wir uns das trotzdem? Eine Antwort heißt: Der Beamtenstatus ist im Getriebe unseres "Bildungsföderalismus" ein Köder geworden, mit dem sich die Bundesländer gegenseitig die Lehrer weglocken. Nebenbei: Es fällt auf, dass Beamtengehälter und Pensionen als Thema in der öffentlichen Diskussion nur selten eine Rolle spielen. Ganz anders als die Löhne und die Renten. Dr. Max Schulz-Stellenfleth, Krummendeich

Streik ist ein Menschenrecht

Ich bin von 1971 bis 2009 beamteter Lehrer gewesen und jetzt im Ruhestand. Was viele bei dieser Diskussion nicht berücksichtigen, ist das Mäßigungsgebot aus uralten Zeiten, welches der Beamte zu beachten hat. Das heißt in der Praxis, sich zu mäßigen in seinen Äußerungen, etwa, keine Leserbriefe schreiben, die dienstliche Belange betreffen, keine Missstände an Schulen nach außen tragen, um Abhilfe zu schaffen. Missstände müssen zuerst auf dem Dienstweg über den Schulleiter an die Schulbehörde gemeldet werden. Diese werden nach dem Motto behandelt, was nicht sein darf, kann auch nicht sein. Werden also unter den Teppich gekehrt. Nestbeschmutzer, Querulant ist dann die Reaktion von oben. Die Folge: Man lässt Missstände Missstände sein. Mündige, zivilcouragierte, selbstbewusste, dem Grundgesetz verpflichtete Schüler zu erziehen, ist unser erzieherischer Auftrag als Lehrer. Lehrern selbst wird dies nicht zuerkannt. Streik ist ein Menschenrecht. Lehrer sind auch Menschen. Harald Dupont, Ettringen

Damit das Abitur auch stattfindet

Schule ist keine Dienstleistung des Staates, welche mit hoheitlichem Handeln nichts zu tun hat. Die Schulgesetze der Länder enthalten mit der Schulpflicht für Jugendliche hoheitliche Eingriffe in das Bestimmungs- und Entscheidungsrecht von Eltern. Der Staat handelt damit an ihrer Stelle. Ob er dies ganz oder nur zum Teil tut, liegt nicht in seinem Ermessen. Schon gar nicht kann er die Erfüllung der ihm damit obliegenden Pflichten davon abhängig machen, ob ihm die dafür erforderlichen (personellen) Ressourcen zur Verfügung stehen oder nicht. Der Staat muss jederzeit selbst für eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Lehrer sorgen. Das geht aber nur, wenn er über genug beamtete Lehrer verfügt, die den Lehrbetrieb nicht durch Streik oder Ähnliches lahmlegen können.

Es geht also nicht allein um das Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Staat und den Lehrern, es geht vorrangig darum, Schülern zu möglichst großen Lernerfolgen zu verhelfen. Das heißt auch, dass Eltern davor geschützt werden müssen, dass ihre Söhne oder Töchter zum Beispiel ihr Abitur deswegen verpassen, weil der Unterricht wegen monatelangen Streiks im entscheidenden Schuljahr ausgefallen ist. Arno Leskien, Bonn

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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