Hartz-IV:Auf Augenhöhe geht nichts

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Wie werden Arbeitslose von den Jobcentern behandelt? Eine Leserin, selbst Rechtsanwältin, hätte da ein paar Verbesserungsvorschläge. Zum Beispiel: Die Jobsuchenden in ihren Zielen und Wünschen auch ernst nehmen.

"Der bessere Arbeitslose" vom 7. März:

Gut, dass Thomas Öchsner in oben genanntem Kommentar darauf hinweist, dass das Problem mit den Weiterbildungen für Arbeitsuchende insbesondere in der Umsetzung liegt. Meine Erfahrungen als Rechtsanwältin in der sozialrechtlichen Arbeit mit Arbeitsuchenden, die im Bezug von Arbeitslosengeld 1 (Alg 1) und auch Arbeitslosengeld 2 (Alg 2) versuchen, sich weiterzubilden, bestätigen das. Die Probleme in der Umsetzung haben neben den genannten Ursachen noch einen gewichtigen Fehler des Systems als Hintergrund: Das System ist so angelegt, dass die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter in der Arbeitsagentur letztlich entscheidet, welche Weiterbildung finanziert wird. Die Erfahrung zeigt, dass dann oftmals nicht die Weiterbildungsangebote finanziert werden, welche sich die Arbeitsuchende oder der Arbeitsuchende selbst sucht.

Stattdessen werden andere, teils auch teurere Angebote finanziert, welche den Arbeitsuchenden aber nicht zusagen. Die Betroffenen fühlen sich durch eine solche Vorgehensweise wie Kinder und nicht wie Erwachsene behandelt. Eine Person vom Amt bestimmt über diese Leute und gibt vor, besser zu wissen, was für die Person gut ist, die es letztlich doch betrifft.

Wenn es nach den von der SPD geplanten Reformen so weitergehen sollte, dann wird die Idee des Förderns und Forderns auch weiterhin nicht wirklich real umgesetzt werden. Denn es ist kein Fordern von Eigeninitiative, wenn man einer Person vorschreibt, in welcher Form diese Eigeninitiative zu erfolgen hat und die Art der Weiterbildung und die konkrete Weiterbildungsmaßnahme vorgibt. Das hat nichts mehr mit Eigeninitiative zu tun, sondern nur noch mit Zwang und Gehorchen. Geld gibt es für Menschen, die brav die Maßnahme annehmen, die seitens des Amtes verordnet wird, gleich, welchen Sinn und welche Erfolgsaussichten diese bietet. Das ist kein Fordern und auch kein Fördern. Das ist eine Entmündigung Erwachsener.

Gute und sinnvolle Weiterbildung geht anders. Eine wirklich sinnvolle Reform des Systems wäre: Eingliederungsvereinbarungen müssen wirkliche Vereinbarungen werden, die auf Augenhöhe freiwillig geschlossen werden statt einseitige Festlegungen von Seiten des Amts. Menschen müssen sich selbst aussuchen können, wie und wo sie sich weiterbilden wollen.

Luisa Milazzo, Leipzig

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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