Urteil des Bundesarbeitsgerichts:Arbeitgeber darf Attest am ersten Krankheitstag fordern

Beschäftigte müssen auf Verlangen ihres Arbeitgebers schon am ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest vorlegen - der Chef braucht diese Forderung nicht zu begründen. Das hat das Bundesarbeitsgericht beschlossen.

Krankmeldungen

Angestellte müssen bereits am ersten Krankheitstag ein Attest vorlegen, wenn das der Arbeitgeber von ihnen verlangt.

(Foto: dpa)

Revolutionär ist es nicht, was die Arbeitsrichter am Mittwoch in Erfurt entschieden haben: Beschäftigte müssen auf Verlangen ihres Arbeitgebers schon am ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest vorlegen. Das kann auch heute schon so sein, wenn es der Arbeitgeber verlangt - das sieht das Entgeltfortzahlungsgesetz vor.

Mit dem höchstrichterlichen Spruch ist nun bestätigt: Arbeitgeber müssen nicht begründen, warum sie bereits am ersten Tag einer Krankmeldung auf Vorlage eines Attests bestehen. "Der Arbeitgeber braucht also seine Interessen nicht mit denen des Arbeitnehmers abzuwägen, er kann einfach so auf einen Krankenschein bestehen", erläutert Rechtsanwalt Michael Felder aus Brühl bei Köln.

Das Bundesarbeitsgericht hat damit die Sprüche von zwei vorherigen Instanzen bestätigt. Geklagt hatte eine Redakteurin des Westdeutschen Rundfunks in Köln. Sie war nach einer Krankmeldung im November 2010 von ihrem Arbeitgeber aufgefordert worden, künftig schon am ersten Krankheitstag ein Attest vorzulegen.

Die langjährige Mitarbeiterin hatte für den 30. November 2010 eine Dienstreise beantragt, bekam diese aber nicht genehmigt. Sie meldete sich an just diesem 30. November krank und erschien am Folgetag wieder bei der Arbeit. Danach forderte der WDR sie auf, künftig schon ab dem ersten Krankheitstag einen Arzt aufzusuchen und ein Attest vorzulegen.

Die Redakteurin meinte, der Arbeitgeber müsse solch eine Anweisung sachlich rechtfertigen, und dürfe sich auch nicht einzelne Arbeitnehmer herauspicken. Zudem sehe der einschlägige Tarifvertrag ein derartiges Recht nicht vor. Ihr Arbeitgeber hielt wiederum entgegen, dass er die Anweisung nicht begründen müsse.So sehen es auch die Bundearbeitsrichter: Das Gesetz lasse hier Einzelanweisungen auch ohne die Nennung von Gründen zu. Ein Tarifvertrag stehe dem nur entgegen, wenn er ausdrücklich andere Regelungen trifft. Dies sei hier aber nicht der Fall (Aktenzeichen 5 AZR 886/11).

Gesetzlich sind Beschäftigte verpflichtet, ihren Arbeitgeber unverzüglich zu informieren, wenn sie wegen Krankheit ausfallen. Spätestens am vierten Krankheitstag, so die bisherige Regelung, muss eine entsprechende Bescheinigung eines Arztes vorgelegt werden.

Der Anwalt der Klägerin sieht in der Anweisung eine Disziplinierungsmaßnahme, weil nicht von allen Mitarbeitern verlangt werde, am ersten Tag der Krankheit ein Attest vorzulegen. "Ich bin ein Mensch, der mit Fieber zur Arbeit kommt", sagte die leitende Redakteurin, die seit 32 Jahren beim WDR arbeitet. "Ich liebe meine Arbeit."

In Deutschland waren Arbeitnehmer im vergangenen Jahr durchschnittlich 9,5 Arbeitstage krankgemeldet. Den niedrigsten Krankenstand der vergangenen 20 Jahre gab es 2007 mit rund 7,9 Fehltagen.

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