Schuljahr 2010/11:Lehrermangel "groß wie nie"

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An deutschen Schulen fehlen die Lehrer. Das beklagt der Philologenverband vor Beginn des neuen Schuljahres und warnt vor dramatischen Zuständen. Rentner und Quereinsteiger sollen helfen.

Vor Beginn des neuen Schuljahres beklagen Lehrerverbände erneut einen dramatischen Pädagogenmangel an deutschen Schulen. Der Deutschen Philologenverband schätzt die Zahl der fehlenden Lehrkräfte auf rund 45.000. "So groß war der Lehrermangel in Deutschland noch nie", sagte der Verbandsvorsitzende Heinz-Peter Meidinger.

Vor Beginn des neuen Schuljahres beklagen die Lehrerverbände in Deutschland einen Lehrermangel, "so groß wie nie". (Foto: ddp)

Abhilfe sollen pensionierte Lehrer und Quereinsteiger schaffen. Für junge Leute ist das Lehramtsstudium trotzdem keine Jobgarantie, denn es kommt auf die Schulform, das Fach und die Region an. Besonders dramatisch ist Meidinger zufolge die Lage in den Bereichen Naturwissenschaften und Mathematik, wo bis zu 30.000 Pädagogen fehlen.

So hätten beispielsweise die 300 staatlichen Gymnasien in Bayern 460 Mathematiklehrer für das Schuljahr angefordert, bekommen hätten sie aber nur 180. Der Verbandsvorsitzende geht davon aus, dass in diesem Bereichen das Problem auch in den nächsten Jahren bestehen wird. Dagegen werde es bei Sprachen und geisteswissenschaftlichen Fächer zu einer Entlastung kommen - teilweise werde es sogar ein Überangebot geben.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Josef Kraus, fügte auf DAPD-Anfrage hinzu, dass vor allem an berufsbildenden Schulen der Bedarf groß sei. Die Ursache für den gravierenden Mangel an Lehrern sieht der Pädagoge darin, dass in den 70er Jahren wegen des Geburtenbooms extrem viele Pädagogen eingestellt wurden, die nun aus dem Beruf ausscheiden.

Der Philologenverband forderte deshalb den verstärkten Einsatz von bereits pensionierten Lehrkräften. Im vergangenen Jahr waren nach deren Schätzungen bis zu 10.000 Lehrer im Einsatz, die eigentlich schon in den Ruhestand versetzt wurden.

Neben Pensionären setzt der Verband zudem auf Mehrarbeit sowie Quereinsteiger - diese standen jedoch in den vergangenen Jahren häufig wegen ihrer fehlenden pädagogischen Ausbildung in der Kritik. Meidinger verteidigte aber aus eigener Erfahrung an seiner Schule deren Einstellung: "Es gibt solche, die in ihrem Beruf nicht mehr weiterkommen und deshalb Lehrer werden wollen, und solche, die wirklich motiviert sind." Jedoch sollte ihr Anteil nicht die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten, betonte er. In eigenen Regionen liege deren Anteil derzeit schon bei sechs bis sieben Prozent.

Auch Kraus sprach sich dafür aus, den Bedarf an Lehrern mit pensionierten Kräften auszugleichen. "Jedoch müssen die Bedingungen attraktiver gestaltet werden", forderte er. Denn pensionierte Lehrer dürften nicht mehr als sechs Stunden in der Woche arbeiten, weil sie sonst finanzielle Nachteile hätten. Quereinsteiger hält der Verbandspräsident dagegen nur bedingt für eine Lösung, bevor der Unterricht ganz gekürzt oder die Klassen vergrößert werden müssten.

Um zukünftig den Lehrermangel zu bekämpfen, forderte Kraus die Kultusminister der Länder auf, differenziert nach Fächern, Schulformen und Regionen Bedarfsprognosen zu erstellen. Denn häufig wüssten viele Berufsanfänger nicht, wo der Bedarf am größten sei, betonte er. Meidinger sprach sich zudem für eine bundesweite Lehrerbörse zur Bündelung von Stellenangeboten aus, denn häufig würden sich die Bewerbungsfristen in den Ländern oder deren Bedarfsmöglichkeiten unterscheiden. Aus der Kultusministerkonferenz hieß es, dass derzeit an einer Umfrage zum Einstellungsbedarf und Angebot in den Ländern gearbeitet werde.

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