Praktikantin des Jahres:"Ich musste nie Kaffee kochen"

Annabelle Anderhofstadt ist Praktikantin des Jahres - weil sie ihren Job gut gemacht hat, von einer Mentorin gefördert wurde und ihr Unternehmen gefordert hat. Mit den üblichen Problemen einer Praktikantin musste sie sich nicht herumschlagen.

Verena Wolff

Am bundesweiten "Tag der Praktikanten" ist die 25-jährige Annabelle Anderhofstadt zur Praktikantin des Jahres erkoren worden. Das Jobnetz Absolventa und das Magazin Personalwirtschaft vergeben diese Auszeichnung in diesem Jahr zum ersten Mal - und wollen damit den Nutzen von Praktika sowohl für die Unternehmen als auch für Absolventen betonen. "Im besten Fall bringen Praktikanten frische Ideen mit und können dazu beitragen, dass tradierte Denkmuster im Unternehmen aufgebrochen werden", sagt Ingo Weller, Leiter des Instituts für Personalwirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Jury-Mitglied.

Die Praktikanten wurden von den Unternehmen nominiert, in denen sie meist ein halbjähriges Praktikum absolvierten. Anderhofstadt überzeugte ihre Firma und die dreiköpfige Jury, weil sie lernen wollte, aber gleichzeitig ihr wissen in Projekte eingebracht hat und selbständig arbeitete.

Praktika bieten für beide Parteien, Unternehmen und Praktikanten, eine gute Möglichkeit, sich vor einer potentiellen dauerhaften Bindung besser kennen zu lernen, sagt Weller. Dieser Meinung ist auch die Trägerin des Titels, die in Passau Kulturwirtschaft studiert hat und sich nach Abschluss ihres Bachelors eigentlich auf das Master-Studium vorbereiten wollte. Stattdessen kam ihr ein Jobangebot dazwischen - vom Personalvermittler Academic Work, dem Unternehmen, für das sie ein halbes Jahr als Praktikantin gearbeitet hat und das die 25-Jährige in den Wettbewerb gebracht hat.

Annabelle Anderhofstadt

Annabelle Anderhofstadt ist die "Praktikantin des Jahres" - und ist von der Firma eingestellt worden, für die sie als Praktikantin arbeitete.

(Foto: OH)

Süddeutsche.de: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung, Frau Anderhofstadt. Können Sie besonders gut Kaffee kochen?

Annabelle Anderhofstadt: Ja, das kann ich. Aber ich musste es während meines Praktikums nicht ein einziges Mal unter Beweis stellen - denn bei meinem Arbeitgeber kocht jeder seinen Kaffee selbst.

Haben Sie schon mehrere Praktika gemacht?

Ja. Während des Studiums habe ich einige kürzere Praktika gemacht und nach meinem Bachelor-Abschluss ein längeres bei BMW in München. Das war interessant, aber in einem solchen Weltkonzern ist man immer ein sehr kleines Rädchen. Daher wollte ich noch ein weiteres Praktikum in einem kleineren Unternehmen machen und bin auf die Anzeige von Academic Work gestoßen, die mich gleich angesprochen hat.

Was haben Sie von diesem Praktikum erwartet?

Ich wollte mehr von den Prozessen mitbekommen und einen richtigen Einblick in das Personalwesen bekommen. Das ist der Bereich, in dem ich arbeiten möchte. Mit meinem Studium hätte ich in sehr verschiedenen Bereichen arbeiten können, aber ich wollte in diesen Bereich, das hat sich schon früh abgezeichnet.

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Ja, denn ich konnte sehr selbständig arbeiten, hatte erste Kundenkontakte und bin mit der Zeit deutlich selbstsicherer in meinem Job geworden. Ich durfte schließlich sogar einen kompletten Rekruitierungsprozess übernommen, von der Ausschreibung über die Kandidatenauswahl bis hin zu den Gesprächen. Ich habe sehr viel gelernt und hatte eine Teamleiterin, die auch meine Mentorin war und mir immer helfend zur Seite gestanden hat.

Was macht ein gutes Praktikum aus?

Wichtig ist, dass man an die Hand genommen wird und einen festen Ansprechpartner hat. Man ist neu in der Branche, in einem Unternehmen und in einer Abteilung. Aber nach einer Einarbeitungszeit muss man auch selbständig arbeiten können und eigene Aufgaben übertragen bekommen. Ein gewisses Vertrauen von Seiten des Arbeitgebers ist wichtig, damit man sich beweisen kann.

Wurde ihr Praktikum bezahlt?

Ja. Ich habe von Anfang an klar gemacht, dass ich nicht mehr Studentin bin und nicht unentgeltlich arbeite.

Was machen Sie jetzt?

Ich arbeite seit Anfang des Monats als Consultant Manager in dem Team, in dem ich zuvor Praktikantin war. Noch während meines Praktikums hat mir das Unternehmen ein Angebot gemacht, für das ich mein Master-Studium zunächst auf Eis lege. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich später meinen zweiten Abschluss berufsbegleitend machen werde.

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