Peinliche Fehler im Staatsbürger-TÜV:Bedingt einbürgerungsbereit

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Still und leise hat der Bund beim Einbürgerungstest nachgebessert. Inzwischen hat das Ministerium erklärt, wie es vor der Veröffentlichung Fehler aufspüren wollte - die Methode ist eigenwillig.

Julia Bönisch

Wer Deutscher werden will, muss ab dem 1. September den Einbürgerungstest bestehen: 310 Fragen hat sich das Bundesinnenministerium dazu einfallen lassen. Von einer Auswahl von 33 müssen Anwärter auf die deutsche Staatsbürgerschaft 17 korrekt beantworten.

Bundesinnenminister Schäuble: Der Einbürgerungstest aus seinem Hause hat einige Patzer enthalten. (Foto: Foto: dpa)

Damit ist die Hürde zu einem Pass eigentlich schon hoch genug, doch die Mitarbeiter von Minister Schäuble haben zusätzliche Stolpersteine eingefügt - und das ganz unbeabsichtigt: In dem Test finden sich zahllose Ungenauigkeiten und einige handfeste Fehler, so dass korrekte Antworten unmöglich werden.

Falsche Frage - falsche Antwort

Nach zahlreichen Beschwerden und Medienberichten über die Schlamperei im Test haben die Staatsdiener nun heimlich, still und leise nachgebessert. Nach einem Bericht von stern.de hat das Bundesinnenministerium die im Internet veröffentlichte Version stillschweigend nachträglich korrigiert.

So wurde im ursprünglich veröffentlichten Einbürgerungstest die Frage gestellt: "Wer darf in Deutschland einen Antrag auf Eheschließung stellen?" Als Antwortmöglichkeiten waren "nur der Mann", "nur die Eltern", "Frau oder Mann" und "nur die Frau" vorgegeben.

Dabei sind sowohl die Fragestellung als auch die Lösungen nicht korrekt: Eine Ehe muss in Deutschland nicht beantragt, sondern lediglich angemeldet werden - und zwar von beiden Partnern. Die Antwort "Mann und Frau" war jedoch ursprünglich gar nicht vorgesehen.

In der nun korrigierten Version des Einbürgerungstests heißt es nun: "Wer darf in Deutschland die Eheschließung anmelden?" Auch die richtige Auflösung wurde im Nachhinein hineinredigiert.

"Kleinere redaktionelle Unstimmigkeiten"

Das Bundesinnenministerium bestätigte die Berichtigungen auf Nachfrage von sueddeutsche.de. "Die am 7. Juli 2008 auf der Homepage des Bundesinnenministeriums veröffentlichten Fragen zum Einbürgerungstest wiesen kleinere redaktionelle Unstimmigkeiten auf. Diese wurden in Abstimmung mit den Ländern umgehend korrigiert", sagt ein Sprecher. Es habe keinen Grund gegeben, die Änderungen noch einmal öffentlich zu machen. "Der Vollzug von Korrekturen ist doch selbstverständlich."

Auch bei Frage 282 des Einbürgerungstests legte das Ministerium noch einmal Hand an: "Sie möchten Ihrem Kind einen Hund schenken. Wozu sind Sie gesetzlich verpflichtet? Sie müssen den Hund ..." In Version Eins lautete die vorgesehene Antwort: "Beim Ordnungsamt anmelden und Steuern zahlen." In Version Zwei heißt es nun: "Bei der Kommune (Stadt und Gemeinde) anmelden und Steuern zahlen." Denn in einigen Bundesländern ist das Ordnungsamt für diese Frage gar nicht der richtige Ansprechpartner.

Auf der nächsten Seite: Weitere Fehler im Test - und wie das Ministerium ihnen auf die Schliche kommen wollte.

Falsches Wappentier

Darüber hinaus hat sich auch auf den speziellen Brandenburg-Fragebögen ein Fehler eingeschlichen, das Wappentier des Bundeslandes ist falsch dargestellt. Auch im Niedersachsen-Test ist nicht alles korrekt. Auf die Frage "Wo können Sie sich in Niedersachsen über politische Themen informieren?" soll offensichtlich "Landeszentrale für politische Bildung" als richtige Antwort gelten. Doch die Einrichtung ist in Niedersachsen 2004 aufgelöst worden.

Ebenso verwirrend ist die Frage "Welche Farben hat die Landesflagge von Niedersachsen?" Bei den vier Farbkombinationen, die zur Auswahl stehen, fehlt jedoch die richtige Antwort.

Nicht existenter Kultusminister

Der nordrhein-westfälische Test fragt außerdem, welchen Minister das Land nicht habe. Als richtige Antwort wird der "Außenminister" erwartet. Zur Auswahl stehen darüber hinaus die Angaben Finanzminister, Innenminister und Kultusminister. Doch auch den gibt es in der Düsseldorfer Landesregierung nicht. Die Kultur fällt vielmehr in die Zuständigkeit des Schulministers und des Staatssekretärs für Kultur, der in der Staatskanzlei angesiedelt ist.

Für das Bundesinnenministerium sind diese Patzer offensichtlich Marginalien. Dort lässt man es so aussehen, als sei die öffentliche Debatte um Fehler und missverständliche Formulierungen beabsichtigt gewesen: "Die Anregungen, die im Rahmen der - mit der Veröffentlichung des Fragenkatalogs erstrebten - öffentlichen Diskussion erfolgten, wurden bei der Überarbeitung berücksichtigt."

Die Hauptsache sei es, dass der Test jetzt fehlerlos sei und in der richtigen Fassung auch als Grundlage für den Kabinettsbeschluss in der kommenden Woche diene. "Wir warten nun die Bewährung des Tests in der Praxis ab und da sind wir ganz zuversichtlich", sagt der Sprecher.

Schlamperei

Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, den Einbürgerungstest bereits vor der Veröffentlichung prüfen zu lassen. Juristen können sich die Fehler nur mit Schlamperei erklären. "Erst mit dem Test groß an die Öffentlichkeit zu gehen, und dann heimlich Korrekturen vorzunehmen - das ist schon ein Skandal", sagt Susanne Schröder, Anwältin für Ausländerrecht, die beim Deutschen Anwaltverein Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Asylrecht ist. "Wenn die Beamten hier schon Fehler machen, wie sollen denn ausländische Mitbürger bei dem Test durchsteigen?"

Der Ministeriums-Sprecher weist jedoch darauf hin, dass man den Test vor der Veröffentlichung sehr wohl habe prüfen lassen - allerdings von Hauptschülern mit Migrationshintergrund. Auf die Frage, wie sie die juristischen Fehler hätten entdecken sollen, bleibt das Ministerium die Antwort allerdings schuldig.

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