Kolumne "Was ich am Job hasse":Tickt ihr noch richtig?

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Wenn Kollegen zur Lärmbelästigung werden... (Foto: Illustration: Jessy Asmus/SZ.de)

Die lieben Kollegen können anstregend sein, auch wenn sie die Klappe halten. Denn ruhig sind sie deshalb noch lange nicht.

Kolumne von Katja Schnitzler

Während meines ersten Praktikums gestand mir eine Kollegin: Immer wenn ihr Schreibtischnachbar seinen Nachmittagsapfel aus der Tasche hole, müsse sie schleunigst den Raum verlassen. Sonst müsste sie ihm den Apfel in den Schlund rammen. Oder zumindest aus dem Fenster werfen. "Aber warum nur?", wunderte ich mich. "Weil", sagte sie mit bebender Stimme, "er so laut vom Apfel abbeißt!" Ich fand das damals sehr sonderbar und achtete künftig darauf, in ihrer Nähe kein frisches Obst zu essen.

Nach fast zwei Jahrzehnten im Büro weiß ich, was sie meinte.

Wer länger als einen Monat mit denselben Kollegen zusammenarbeitet, erkennt sie schon am Gang. Schlurf, schlurf, tippel-di, schlurf zum Beispiel: der junge Büronachbar mit den stets zu weiten Hosen, die er bei jedem dritten Schritt hochziehen muss. Oder WAM-WAM-WAM-WAM: die optisch grazile Verkaufsleiterin mit dem akustischen Auftreten eines Wrestlers auf dem Weg in den Ring. Während das Wer-kommt-denn-da-Spiel noch ein netter Zeitvertreib sein kann, kosten die anderen Nebengeräusche und Ticks erst die Konzentration und dann den letzten Nerv.

TACK-TACK-TACK haut Kollegin Z in die Tastatur

Das beinahe zwanghafte Hin- und Herschaukeln des Oberkörpers vom Kollegen X, wenn er ein kniffliges Problem zu entwirren oder eine komplizierte Mail zu schreiben hat, wird noch übertroffen von Kollegin Y. Diese hat wegen Rückenproblemen ihren Stuhl in die Ecke und einen Gymnastikball unter den Schreibtisch gerollt. Sie ist seitdem schmerzfrei, dafür peinigt ihr unablässiges Auf und Nieder, begleitet von dem Knarzen des zusammengepressten Plastikballs, Krrrz-quietsch-krrrz-quietsch-krrrrz... Zum Glück macht sich Kollegin Y um ihre Lunge weniger Sorgen als um ihren Rücken und verlässt den Ball regelmäßig für Raucherpausen.

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Dann kommt das Schreibverhalten von Kollegin Z wieder besser zur Geltung: Wo andere tippen, hämmert sie auf die Tastatur ein, Racka-ta-tacka-ta-racka-ta-tack! Racka-ta-ta ... TACK-TACK-TACK-TACK-TACK-TACK-TACK-TACK-TACK! (Sie hält die Reset-Taste nicht gedrückt, sondern löscht Buchstabe für Buchstabe.)

Kopfhörer helfen nur bedingt, zu oft klingelt das Telefon. Kollege B meldet sich übrigens immer gleich laut und schwungvoll mit einem Ein-Wort-Satz "KollegeBamApparatWaskannichfürSietun?" Jedes Mal.

Nach einem unruhigen Vormittag verheißt die Konferenz ein wenig Ruhe: keine Hüpfbälle, keine Telefonate, nur einer spricht, der Rest dämmert sich durchs Nachmittagstief.

Ein Irrtum.

Kollege W hat stets einen Stift zur Hand, aber nicht zum Schreiben. Den Kugelschreiber benötigt er, um ihn ständig, klick-klick-klick-klick-klick-klick ... KLICK!, auf und zu zu klicken. Je nervöser, desto klick.

Kollegin T links von mir hat die Beine elegant überschlagen, macht den guten Eindruck aber mit einem Dauerwippen der Fußspitze zunichte. Mal langsamer, meist schneller. Ihr Wippen überträgt sich auf den ganzen Körper, sogar mein Stuhl federt mit, bis ich ihn zur Seite rücke. Die Kollegen rechts von mir räuspern sich, hüsteln und schniefen ohne Unterlass - offenbar ist die ganze IT-Abteilung erkältet. Und einer hat die Tastatur seines Smartphones nicht auf leise gestellt. Trotzdem schreibt er Mails.

Nach zwanzig Minuten klick-klick-klick-räusper-hust-schnief-knarz-knarz-tipp-tipp-tipp-hust-hust-räusper-klick blinzelt mein linkes Auge unkontrolliert, der Praktikant gegenüber fühlt sich angesprochen und wirkt leicht irritiert.

Auf dem Weg zurück zum Zimmer drängt sich Kollegin T auf: Ob sie mich mal kurz sprechen dürfe? Wahrscheinlich merke ich es selbst nicht, daher wolle sie mich darauf ansprechen: "Du knirschst in Konferenzen immer so laut mit den Zähnen. Und schnaufst so schwer. Und heute ... hast du sogar geknurrt!" Da falle es ihr schwer, sich auf das Gesagte zu konzentrieren.

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