Kolumne "Was ich am Job hasse":Ihr macht mich krank!

Kolumne "Was ich am Job hasse": In der einen Hand die Maus, in der anderen das Taschentuch starren die Kollegen mit trübem Blick auf den Bildschirm: Bitte geht ins Bett und nicht ins Büro!

In der einen Hand die Maus, in der anderen das Taschentuch starren die Kollegen mit trübem Blick auf den Bildschirm: Bitte geht ins Bett und nicht ins Büro!

(Foto: Illustration: Jessy Asmus/SZ.de)

Hustende, Fiebernde, Heisere, die sich trotzdem zur Arbeit schleppen, sind nicht arm dran, sondern Kollegenschweine. Dabei haben sie nur Angst.

Kolumne von Katja Schnitzler

Die wenigsten Menschen haben allzu viel mit ihren Kollegen, diesem heterogenen Haufen, gemeinsam. Außer zur Erkältungszeit - dann sind alle krank. Diese Phase beginnt mit dem Ende der Sommerferien (exotischer Fernreise-Schnupfen, hochansteckend), zieht sich in den Herbst (zu cool für Schal und warme Strümpfe), überdauert den Advent (dieser Stress) und flaut erst vor den Osterferien wieder ab (verschleppter grippaler Infekt, eingefangen an Silvester, aufgefrischt im Karneval). In dieser Zeit bekommt man von den Kollegen mehr mit, als man jemals wollte: Viren, Bakterien und eine nervenzerrende Hust-Röchel-Rotz-Kakophonie.

Erkrankte Büronachbarn legen halbe Betriebe lahm, weil deren Bazillen die Einladung zur epidemischen Ausbreitung über Klinken, Aufzugknöpfe, Tastaturen und Telefonhörer dankend annehmen. Immer mehr Kollegen starren mit trübem Blick viel zu lang auf dieselbe Stelle des Bildschirms, in der einen Hand die Maus, in der anderen das Taschentuch, vor dem Kopf kein dünnes Brett, sondern massive Planken. Und warum? Aus Angst.

Hochspritzen statt krankschreiben

Als die Arbeitsplätze noch halbwegs sicher schienen, krochen nur diejenigen krank ins Büro, die sich für unverzichtbar hielten. Schon ein paar Tage Abwesenheit hätten offenbart, dass sie das nicht sind. Alle anderen ließen sich erst wieder blicken, wenn das Fieber tatsächlich verglüht und der Satz "Keine Sorge, ich bin nicht mehr ansteckend" keine Notlüge war.

Heute aber denken viele, sich das nicht mehr leisten zu können: Nicht nur im Fieberwahn meinen sie, das Scharren des gut ausgebildeten Nachwuchses zu hören, der allzu gern die eigene Stelle übernehmen würde, wäre sie zu lange vakant. Oder zu oft.

Also lassen sie sich vom Arzt nicht mehr krankschreiben, sondern hochspritzen - Doping für Arbeitnehmer. Dann wanken sie mit weichen Knien zur Arbeit, stellen auf ihrem Schreibtisch im Halbkreis Tinkturen, Tabletten und Taschentücher bereit und antworten krächzend auf die nicht uneigennützig gestellte Frage der Kollegen, ob sie in diesem Zustand nicht ins Bett gehörten: "Geht schon."

Durchlüften und Desinfektionsspray

Schleppt sich der Kranke zur Toilette, um dort eine halbe Stunde lang die heiße Stirn an die kühle Zwischenwand zu lehnen, reißen die Kollegen die Fenster weit auf (außer sie arbeiten in einem modernen Bürogebäude, wo das Prinzip Durchlüften als beliebter Streitfaktor abgeschafft wurde) und versprühen flaschenweise Desinfektionsspray - in der trügerischen Hoffnung, sich dieses Mal nicht anzustecken. Der Kranke bekommt davon nichts mit. Er wird erst wieder in einer Woche durch die Nase atmen und in zwei Wochen etwas riechen können.

Wenn dann auch sein Husten nicht mehr gar so rasselt und die Augen abgeschwollen sind, blickt der Genesende vorwurfsvoll auf seine Kollegen, die schniefend und keuchend an den Arbeitsplatz kriechen: Hoffentlich behalten die ihre Bakterien für sich! Schließlich war man gerade erst krank.

Die lieben Kollegen, das Gegen- statt Miteinander im Büro, dazu die Chefs - und nicht einmal der Computer versteht einen. Vieles raubt im Arbeitsalltag den letzten Nerv. Zum Glück sind Sie damit nicht allein: Die neue Kolumne "Was ich am Job hasse" von Katja Schnitzler, immer dienstags auf SZ.de.

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