Job:Wer berät mich am besten beim beruflichen Neuanfang?

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Jens F. trennt sich von seinem Arbeitgeber, dieser will ihm eine Outplacement-Beratung bezahlen. Wie findet er dafür die passende Agentur?

SZ-Leser Jens F. fragt:

Ich bin 53 Jahre alt und habe mein ganzes Berufsleben bei einer Bank verbracht. Nun werde ich mich mittels eines Aufhebungsvertrages von meinem Arbeitgeber trennen. Da ich die letzten 20 Jahre eine hochgradig spezialisierte Tätigkeit ausgeübt habe, die ich aus verschiedenen Gründen nicht bei einer anderen Bank fortsetzen kann, muss ich mich noch einmal ganz neu orientieren. Nun zahlt mir der bisherige Arbeitgeber zusätzlich zur Abfindung eine Outplacement-Beratung. Das Angebot an Outplacement-Beratern ist jedoch riesig, und es gibt keine qualitativen Mindeststandards. Wie finde ich die für mich geeignete Outplacement-Agentur?

Vincent Zeylmans antwortet:

Lieber Herr F., ein professionelles Outplacement ist eine wichtige Hilfestellung bei der Neuorientierung nach einer - meist erzwungenen - Trennung. Normalerweise umfasst diese Hilfestellung die Begleitung bis zum Erfolg, also bis zur Vermittlung in ein neues Arbeitsverhältnis. Dafür zahlt Ihr Arbeitgeber einen guten fünfstelligen Betrag, vergleichbar mit den Honorarsätzen eines qualifizierten Personalberaters. Für dieses Geld erhalten Sie zunächst eine Situationsanalyse und dann eine Positionierungsberatung. Anschließend hilft Ihnen der Outplacement-Berater bei der Erstellung von perfekten Bewerbungsunterlagen. Schließlich erarbeiten Sie gemeinsam eine passende Strategie zum Erschließen des offenen und verdeckten Arbeitsmarktes.

Oft arbeitet ein Unternehmen langfristig mit einer bestimmten Outplacement-Agentur zusammen. Auch wenn Ihr Verhältnis zu Ihrem alten Arbeitgeber möglicherweise nicht mehr von Vertrauen geprägt ist, sollten Sie diese Berater ruhig einmal kennenlernen. Die Firma zahlt schließlich viel Geld und möchte dafür eine Leistung der Agentur sehen. Denn es ist im Interesse des Unternehmens, dass die Trennung möglichst rasch und erfolgreich abgewickelt wird. Davon erhofft man sich, die Verunsicherung der Zurückgebliebenen auf ein Minimum zu begrenzen.

Zunächst einmal gilt: Die Chemie zwischen Ihnen und dem Outplacement-Berater muss stimmen. Verspricht er zu viel, ist dies kein Zeichen von Seriosität. Kein ernst zu nehmender Berater kann Ihnen einen Job versprechen. Hier lehnen sich viele Consultants zu weit aus dem Fenster und beteuern, dass befreundete Headhunter-Netzwerke aktiviert werden. Ein Berater kennt die Arbeitsmarktsituation und verfügt über nützliche Tools wie den Zugang zu Unternehmensdatenbanken. Dennoch leitet er vor allem zur Selbsthilfe an. Im gesamten Prozess müssen Sie selber aktiv mitarbeiten. Wenn der Berater also den Eindruck erweckt, dass Ihnen die Arbeit abgenommen wird und Sie mit einem schnellen Ergebnis rechnen können, sollten Sie misstrauisch werden. Rechnen Sie mit minimal vier bis sechs Monaten zum neuen Einstieg und mehreren Stunden Arbeit pro Tag.

Entscheiden Sie aus dem Bauch heraus

Bei den regelmäßigen Treffen wertet der Berater den Erfolg Ihrer Aktivitäten aus, in schwierigen Phasen ermutigt er Sie. Anfangs geht es eher um die Bewältigung der Vergangenheit, später um die Vorbereitung von Jobinterviews. Nach Unterzeichnung des neuen Arbeitsvertrags ist es üblich, dass der Berater Sie in der Anfangszeit im neuen Job begleitet.

Bezahlt der Arbeitgeber das Outplacement, weil es vom Rechtsanwalt erzwungen wurde, müssen Sie eigene Wege gehen und sich selbst auf die Suche nach einem Berater machen. Referenzen sind in diesem diskreten Metier eher unüblich. Dennoch finden Sie im Internet häufig Bewertungen. Die Outplacement-Agentur sollte ihr Vorgehen plausibel darlegen. Und natürlich ist räumliche Nähe von Vorteil. Sie sollten sich zwei oder drei Personen anschauen und nach einer Prüfung der harten Kriterien den Bauch sprechen lassen.

Haben Sie auch eine Frage zu Berufswahl, Bewerbung, Etikette, oder Arbeitsrecht? Dann schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere Experten beantworten ausgewählte Fragen. Ihr Brief wird anonymisiert.

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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