Gehälter in Deutschland:Problemfall Mini-Jobber

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Rund elf Prozent aller Beschäftigten in Deutschland haben im Jahr 2010 weniger als 8,50 Euro in der Stunde verdient - die meisten von ihnen arbeiteten als Mini-Jobber. Doch nicht nur sie müssen mit einem geringen Stundensatz auskommen.

Thomas Öchsner

Wer weniger als 8,50 Euro brutto in der Stunde verdient, ist meistens ein Mini-Jobber. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes trifft dies fast auf jeden zweiten (46 Prozent) der Beschäftigten zu, die mit ihrem Lohn unter dieser Einkommensgrenze liegen.

In Westdeutschland bildeten die sogenannten geringfügig Beschäftigten, die bis zu 400 Euro im Monat sozialabgaben- und steuerfrei verdienen können, die größte Gruppe unter diesen Niedrig-Verdienern. Dabei handele es sich überwiegend um Frauen und Beschäftigte ohne Berufsausbildung, teilte die Behörde in Wiesbaden mit.

Insgesamt erhalten elf Prozent aller Arbeitnehmer in einem Betrieb mit mindestens zehn Mitarbeitern weniger als 8,50 Euro die Stunde. Im Westen gilt dies für jeden Zehnten, in den neuen Bundesländern für mehr als jeden Fünften. Dort waren die größte Gruppe Vollzeit-Arbeitskräfte, "meist Männer und Beschäftigte mit Berufsausbildung", so die Statistiker.

Wie das Bundesamt weiter angab, arbeiteten die meisten mit diesem geringen Stundenverdienst im verarbeitenden Gewerbe (14 Prozent), gefolgt von der Gebäudereinigung- und betreuung (12 Prozent) sowie der Zeitarbeit und dem Einzelhandel (jeweils zehn Prozent). Außerdem wiesen die Statistiker darauf hin, dass 68 Prozent der betroffenen Arbeitnehmer bei Arbeitgebern beschäftigt waren, die nicht durch einen Tarifvertrag an eine bestimmte Bezahlung gebunden sind.

Obwohl Niedriglöhne unter den mehr als sieben Millionen Mini-Jobbern weit verbreitet sind, plant die schwarz-gelbe Koalition, die Verdienstgrenze von 2013 an auf 450 Euro anzuheben. Vor allem die FDP sieht die geringfügige Beschäftigung als Teil des erfolgreichen Arbeitsmarkts in Deutschland. Im Bundesfamilienministerium gibt es jedoch schwere Bedenken gegen die Pläne der Regierungsfraktionen. Ministerin Kristina Schröder (CDU) fürchtet, dass eine höhere Verdienstgrenze falsche Anreize setzt und Frauen es dadurch nicht leichter haben werden, Teilzeit- oder Vollzeitjobs zu bekommen. Auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gilt nicht als Befürworterin der Pläne.

Die Opposition fordert erneut, die Verdienstgrenzen nicht anzuheben und neue Reformvorschläge vorzulegen, um den Missbrauch der Mini-Jobs zu stoppen. "Es ist Zeit, diesen Unsinn zu stoppen", sagt der stellvertretende Fraktionschef der SPD-Fraktion, Hubertus Heil. Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, erklärt: "Die Daten des Statistischen Bundesamtes belegen, dass die Ausweitung der geringfügigen Beschäftigung falsch und die Einführung eines Mindestlohns richtig ist."

© SZ vom 27.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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